«Will mich nicht mehr selbst belügen»
Französischer Umweltminister Hulot tritt zurück

Schwerer Schlag für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron: Sein Umweltminister Nicolas Hulot wirft überraschend das Handtuch.
Publiziert: 28.08.2018 um 09:17 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2018 um 15:38 Uhr
Adieu: Der Französische Umweltminister Nicolas Hulot hat genug von seinem Regierungsjob.
Foto: imago/PanoramiC / Federico Pestellini

Der französische Umweltminister Nicolas Hulot (63) hat gegenüber dem Radiosender «France inter» erklärt, er habe entschieden, die Regierung zu verlassen. Er wolle sich «nicht mehr selbst belügen», heisst es in einer Stellungnahme zur Begründung seines Schritts.

Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der laut der Nachrichtenseite «leparisien.fr» übers Radio vom Rücktritt seines Ministers erfuhr, ist der Abgang ein schwerer Schlag. Der jugendlich wirkende 63-Jährige war nicht nur der Star in Macrons Kabinett, er stand auch für das Versprechen des Präsidenten, «den Planeten wieder gross zu machen».

Mit seinen Anliegen auf Widerstand gestossen

Obwohl Macron der Klima- und Umweltpolitik in Reden einen grossen Stellenwert einräumt, konnte sich Hulot in wichtigen Fragen nicht durchsetzen. Dies galt etwa für die Schliessung baufälliger Atomkraftwerke, die Hulot auf unbestimmte Zeit verschieben musste. Auch mit einem Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat stiess der Minister auf Widerstand. 

«Es ist eine Entscheidung der Aufrichtigkeit und der Verantwortung», sagt Hulot zu seinem Abgang. Er habe sich in den 14 Monaten im Amt «völlig alleine» gefühlt.

«Make the Planet Great Again», mit diesem Slogan forderte Macron US-Präsident Donald Trump seit dessen Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen heraus. Der parteilose Hulot verkörperte dieses Motto wie kein anderer. Seit Jahrzehnten für den Umweltschutz aktiv, überzeugte er viele Franzosen mit seinen Reisereportagen und als Fernsehmoderator, die Natur nicht nur als schönen Hintergrund zu sehen.

Umweltschützer und Oppositionspolitiker werteten das erstaunlich offenherzige Interview umgehend als «Misstrauensvotum gegen Macron» und Beleg für die «Tatenlosigkeit» des Präsidenten beim Klimaschutz.

Denn Frankreich erfüllt seine Klimaziele vor allem dank der Atomenergie. Deshalb sah sich Hulot im November 2017 gezwungen, die von der Vorgängerregierung angekündigte Energiewende auf unbestimmte Zeit zu verschieben - auch wenn er Atomstrom für «nutzlosen Irrsinn» hält.

Auch bei anderen Vorhaben musste Hulot zurückstecken. Mit dem Versuch, den Unkrautvernichter Glyphosat in der EU oder in Frankreich wegen seiner möglichen Krebsgefahr zu verbieten, scheiterte er an der mächtigen Agrarlobby.

Dem in Frankreich sehr beliebten Hulot wurde Anfang Jahr sexuelle Belästigung vorgeworfen. Hulot geriet deshalb in die Negativschlagzeilen. Der Minister und ehemalige TV-Moderator wies die Verdächtigungen zurück und bezeichnete sie als «schändlich» und «abscheulich». (noo/SDA)

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