In Charlottesville haben sich einige Amerikaner gestern von ihrer dunkelbraunen Seite gezeigt. Eine Horde Rechtsradikaler nimmt mit Fackeln, Hakenkreuz- und Konföderierten-Flaggen die Studentenstadt im Osten des Landes in Beschlag und zieht durch die Strassen. Immer wieder skandiert der Mob dabei rassistische Parolen. Die Szenen sorgen im In- und Ausland für Entsetzen. Die Reaktion von US-Präsident Donald Trump fällt hingegen allzu mild aus.
Trumps Rede sorgt für heftige Reaktionen
Bereits die erste Stellungnahme, die der US-Präsident über den Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichte, wurde von vielen Seiten als halbbatzig befunden. «Wir ALLE müssen zusammenstehen und alles verurteilen, was für Hass steht. Es darf in den USA keinen Platz geben für diese Form von Gewalt. Lasst uns alle zusammenkommen!»
Für regelrechtes Entsetzen sorgte jedoch ein Statement zu den Vorfällen, welches Trump wenig später vor laufenden Kameras verlas. «Wir verurteilen aufs Schärfste diesen abscheulichen Ausbruch von Hass, Fanatismus und Gewalt auf vielen Seiten.» Nach einer kurzen Pause schaute der Präsident nochmals zu den anwesenden Journalisten auf und wiederholte: «Auf vielen Seiten!»
Mit keinem Wort äusserte sich Trump zu der ultra-rechten Szene, welche seit Freitag die Strassen von Charlottesville für ihren öffentlichen Auftritt genutzt hatte. Dass sich Gruppierungen wie der Ku-Klux-Klan oder andere fanatische und gewaltbereite Organisationen auf die Strasse begaben, öffentlich Hass schürten und dabei immer wieder auch Donald Trump als «ihren» Präsidenten feierten, schien diesem nicht Grund genug, um sich klarer von ihnen zu distanzieren.
Als Trump von einem Reporter auf die rechtsextremen Demonstranten angesprochen wurde, wendete sich dieser still ab und verliess das Rednerpult.
Sogar Republikaner fordern klare Worte
Die Zurückhaltung Trumps ist umso verwunderlicher, als der amerikanische Präsident sonst nie um markige Worte verlegen ist. Selbst unter Republikanern hat das zögerliche Handeln für heftige Reaktionen gesorgt. Cory Gardner, Senator aus Colorado, äusserte sich ebenfalls über Twitter: «Mister President, wir müssen das Böse beim Namen nennen. Es handelt sich um Rechtsextreme und die Tat war ein terroristischer Akt.»
Ebenfalls Klartext – im Gegensatz zu Donald Trump – sprach der Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe. Der Demokrat sagte an die Adresse der rechtsradikalen Demonstranten von Charlottesville: «Ihr seid hier nicht willkommen, geht nach Hause und nehmt euren Hass und eure Vorurteile mit! Es gibt keinen Platz für euch in Amerika.»
«Ich hoffe, er denkt darüber nach, mit wem er verkehrte»
Für Michael Signer, den Bürgermeister von Charlottesville, kommt Donald Trump sogar eine zentrale Rolle zu für das Geschehene in seiner Stadt. «Für vieles, was wir heute in Amerika sehen, gebe ich die Schuld dem Weissen Haus und den Leuten um den Präsidenten. Ich hoffe, dass er einen Blick in den Spiegel wirft und scharf darüber nachdenkt, mit wem er im Wahlkampf verkehrte.» Tatsächlich wird Trump schon seit Langem vorgeworfen, dass er ganz bewusst um Stimmen am äusseren rechten Rand buhlte und sich darum auch nie klar von der Szene distanzierte.
Lob für seine Worte bekam Trump deshalb auch nur von dieser Seite. Die rechtsradikale Homepage «Daily Stormer» begrüsste die passive Haltung des Präsidenten und wertete diese als gutes Zeichen: «Er hat uns nicht angegriffen», heisst es dort in einem Eintrag. «Er hat in keiner Form Stellung gegen uns bezogen. Sehr gut für ihn. Gott segne ihn.» (cat)