Ein Genfer Kleinflugzeug landet am Dienstagmorgen illegal in der Nähe des Mont Blanc in den französischen Alpen. Zwei Männer steigen aus und wollen sich mit Steigeisen, Seilen und Eispickeln ausgerüstet auf den Weg zum Gipfel machen.
Dann entdecken Polizisten den Flieger auf 4450 Metern Höhe östlich der Spitze. Die rot-gelbe Maschine stand in einer Militärzone, die «grundsätzlich nicht» als Landeplatz in den Bergen zugelassen sei, sagte Polizeioberst Stéphane Bozon gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Polizisten verwiesen die beiden des Platzes, worauf diese gleich wieder abhoben.
Die Polizei erklärte, man suche noch nach einem passenden Wort für das Vergehen. Der Bürgermeister von Chamonix-Mont-Blanc, Eric Fournier, konnte seine Empörung schon besser formulieren. Er sprach angesichts der «umweltfeindlichen» Landung mit dem Flugzeug von einer «Provokation» und von einem «beispiellosen Verhalten», das «absolut inakzeptabel» sei. Es handle sich um eine «nicht tolerierbaren Schädigung der Umwelt im Hochgebirge und der existierenden Massnahmen, um diese zu schützen».
Zwei Schweizer im Flugzeug
Eine Identitätsüberprüfung bei den beiden Insassen des Flugzeugs habe ergeben, dass es sich um zwei Schweizer handle. Beim Schweizer Flugzeug handelt es sich um eine Piper mit der Kennung HB-PIC. Auffallend ist ihre rot-gelbe Bemalung und der Schriftzug der Uhrenfirma Breitling. Das Unternehmen «distanziert sich klar von solchen Aktionen», sagt Breitling-Sprecherin, Romy Hebden, zu BLICK.
«Breitling war zu keinem Zeitpunkt über diese Aktion informiert und ist sehr überrascht, dass das Unternehmen aufgrund eines an einem ehemaligen Schulungsflugzeug angebrachten alten Brandings in diese Aktion involviert wird. Es besteht keine Zusammenarbeit mit dem Piloten oder dessen Aero Club.»
Genfer Aéro Club streitet Landung ab
Radardaten zufolge kreiste die Propellermaschine am Dienstagmorgen lange über dem Mont Blanc, bevor sie zu Landung ansetzte. Das Flugzeug ist neben Rädern auch mit Kufen ausgerüstet und kann auf Schnee landen. Die Piper flog unter Sichtflugregeln und ohne Flugsicherung. Besitzerin ist der Aéro Club de Genève.
Einen Tag nach dem Vorfall und mehreren Kontaktaufnahmeversuchen schickt der Club ein wirre Mitteilung, die wenig zur Aufklärung des Falls beisteuert. So gibt der Club zwar zu, im Besitz von für Berglandung ausgerüsteten Flugzeugen zu sein. Eine Landung auf 4450 Metern Höhe bei Mont Blanc distanziert streitet der Club aber ab. Stattdessen soll der Flieger an einer anderen Stelle, nämlich in der Region «Dôme du Goûter» gelandet sein.
Experten runzeln die Stirn beim Lesen des Statements. Schliesslich würden die Bilder eine klare Sprache sprechen und die Landung an der angegebenen Stelle zeigen.
Franzosen machen sich lustig über Schweizer
Wie «Tribune de Genève» berichtet, handelt es sich beim Piloten um einen erfahrenen Flieger, der als Instruktor tätig ist und sich mit Landetechniken im Hochgebirge auskennt.
Ein Berggänger hat das Flugzeug bei der Landung beobachtet: «Ich habe sie gefragt, ob sie ein Problem hätten, weil einer mit einem Seil hantierte. Ich dachte, sie wollten es sichern», schreibt er auf Facebook. Die Antwort: «Non, non...»
Im selben Post machen sich auch viele Franzosen lustig über die Schweizer: «Das waren bestimmt Milliardäre, die damit angeben wollten, den Mont Blanc bestiegen zu haben», heisst es etwa in einem Kommentar.
Bazl eröffnet Untersuchung
Beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) ist man über die Unverfrorenheit der beiden Insassen ebenso überrascht wie in Frankreich: «Wir werden eine Untersuchung gegen den Schweizer Piloten eröffnen», sagt Sprecher Christian Schubert zu BLICK. «Die Landung ist auch aus unserer Sicht illegal, da sie weit weg von einem offiziellen Gebirgslandeplatz stattgefunden hat.»
Welche Strafe der Pilot fürchten muss, ist laut Schubert noch unklar. Sie könne von einer Busse bis 20'000 Franken bis zum Ausweis-Entzug reichen. Sogar Gefängnis sei möglich, falls die öffentliche Sicherheit gefährdet wurde.
Wegen der zahlreichen Bergsteiger, die jährlich den Mont-Blanc erklimmen, kämpfen die Behörden mit den Sicherheitsbedingungen und dem Umweltschutz rund um den höchsten Berg Europas. Seit Mai müssen Bergsteiger, die die «normale» Route zum Gipfel auf 4810 Metern nehmen, eine Reservierung für eine der Hütten vorweisen. Die Hütten waren bisher oft überbelegt. (SDA/pma/bö/man)