Trump will Atom-Abrüstungsvertrag mit Russland aufkündigen
«Ein schlechter Tag für den Weltfrieden»

US-Präsident Donald Trump (72) hat am Samstagabend angekündigt, aus dem wichtigen Atom-Abrüstungsvertrag INF mit Russland aussteigen zu wollen. Moskau reagierte in einer ersten Stellungnahme verärgert. BLICK sprach mit dem ehemaligen US-Diplomat Howard Stoffer, der 1987 bei der historischen Vertragsunterzeichnung im Saal anwesend war.
Publiziert: 20.10.2018 um 23:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2018 um 04:49 Uhr
Trump kündigt Austritt an
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Atom-Abrüstungsvertrag:Trump kündigt Austritt an
Nicola Imfeld, San Diego

Paukenschlag am Samstagabend: US-Präsident Donald Trump (72) kündigte am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Nevada den Rückzug der USA aus dem INF-Vertrag mit Russland an. Der Sicherheitsberater von Trump, John Bolton, werde nächste Woche nach Moskau reisen und Russlands Präsident Wladimir Putin warnen, dass die USA den Atom-Abrüstungsvertrag verlassen werde. 

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US-Präsident Donald Trump (72) hat am Samstag den Rückzug der USA aus dem Atom-Abrüstungsvertrag mit Russland angekündigt.

Der im Jahr 1987 unterzeichnete Rüstungskontrollvertrag zwischen den beiden Supermächten gilt als ungemein wichtig. BLICK beantwortet die drängendsten Fragen nach dem angekündigten Ausstieg der USA: 

Was ist der INF-Vertrag?

Ein wichtiger Atom-Abrüstungsvertrag zwischen der USA und Russland. Er wurde am 8. Dezember 1987 anlässlich des Gipfeltreffens von Washington vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow unterzeichnet. 

Was regelt der Vertrag?

Die Vernichtung aller Flugkörper mit kürzerer und mittlerer Reichweite (500 bis 5500 Kilometer). Den USA und Russland ist es seither nicht mehr erlaubt, landgestützte Nuklearraketen mit den obengenannten Reichweiten zu produzieren, zu besitzen oder zu testen. 

Warum will Trump aussteigen?

Weil Russland nach Ansicht der USA und der Nato den Vertrag verletzt haben soll. Die US-Regierung bezieht ihre Anschuldigungen auf neue russische Marschflugkörper mit dem Nato-Code SS-C-8, die es auf eine Reichweite von bis zu 2600 Kilometern bringen sollen. 

Trump griff am Samstag während seiner Ankündigung auch Ex-US-Präsident Barack Obama an. Die Russen würden das Abkommen seit vielen Jahren verletzen. Er wisse nicht, warum die Obama-Regierung nie verhandelt habe oder ausgestiegen sei. «Wir jedenfalls werden es nicht zulassen, dass sie ein Nuklearabkommen verletzen und sich Waffen zulegen, während es uns nicht erlaubt ist.» 

Was sagt Russland zu den Anschuldigungen? 

Putin und Co. haben die Anschuldungen stets als Humbug abgetan. Die USA verfüge über keine Beweise, so der offizielle Standpunkt der russischen Regierung. Putin behauptet ausserdem, von den Abschussrampen des Nato-Raketenschutzschirms in Rumänien könnten jederzeit auch atomar bestückte US-Marschflugkörper gestartet werden. 

Wie fielen die Reaktionen auf den angekündigten Rückzug aus? 

Das russische Aussenministerium zeigte sich überhaupt nicht erfreut über die Ankündigung des US-Präsidenten. Die USA würden schon lange an der Zerstörung des Abkommens arbeiten, zitierte die Agentur Interfax eine namentlich nicht genannte Quelle im Aussenamt in Moskau. Die USA versuchten, Verpflichtungen und Partnerschaften aufzugeben. «Das Hauptmotiv ist der Traum von einer unipolaren Welt», wurde die Quelle zitiert. Dieser werde für die USA aber niemals wahr werden. 

Was bedeutet der Rückzug der USA?

«Nichts Gutes», sagt Howard Stoffer, ehemaliger US-Diplomat und heute Professor an der «University of New Haven», zu BLICK. Stoffer hat von 1984 bis 1987 am INF-Vertrag mitgearbeitet, ein Jahr davon in Genf. «Ich war im Raum, als Reagan und Gorbatschow den Vertrag unterschrieben haben», erinnert er sich. Dass Donald Trump nun den Rückzug der USA ankündigte, sei ein «schlechter Tag für den Weltfrieden», so Stoffer. 

Er sieht ein Rüstungswettlauf auf die Welt zukommen, wie damals im Kalten Krieg. «Das setzt uns zurück in die späten 70er und frühen 80er Jahre.» Anstatt das Geld für Wettrüsten auszugeben, würde die Weltgemeinschaft besser in soziale Probleme wie die Armut oder die Umwelt investieren, so der langjährige US-Diplomat. 

Welche Rolle spielt China?

Eine grosse! Der INF-Vertrag habe die USA gegenüber Peking in eine «übertrieben schwache Position» gebracht, zitiert die «Washington Post» einen anonymen Diplomaten. Denn während den USA in der Pazifikregion aufgrund des Vertrages die Mittelstreckenwaffen fehlen, die vom Land aus eingesetzt werden können, sind die Chinesen in Besitz von Hunderten solcher Raketen. 

Wie geht es jetzt weiter?

Trumps Sicherheitsberater John Bolton wird den INF-Vertrag wohl kommende Woche in Moskau mit Rücksicht auf die Sechs-Monats-Frist aufkündigen. Der US-Präsident hat am Samstag angekündigt, seine Regierung werde in Zukunft solche Waffen bauen, sollten Russland und auch China nicht einem neuen Abkommen zustimmen. Trump will also die Chinesen mit ins Boot holen. 

Wie realistisch ist ein neues Abkommen in naher Zukunft unter den drei Supermächten?

«Ich schätze diese Vorstellung als Illusion ein», sagt der ehemalige US-Diplomat Howard Stoffer. Die Verhandlungen könnten Jahre dauern, während nebenbei ein gefährliches Wettrüsten stattfindet.

Stoffer schlägt vor: «Die drei Supermächte sollten in Genf zusammensitzen und eine rasche Kompromisslösung finden. Zum Beispiel soll jedes Land Inspektionsteams in die anderen Länder schicken können, um die Einhaltung des neuen Vertrages zu überwachen.» Dass China und Russland da mitspielen würden, glaube er jedoch nicht.

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