US-Präsident Trump bringt seine Gesundheitsreform bei den eigenen Leuten nicht durch
Dann halt alles kurz und klein schlagen

Zum zweiten Mal ist Donald Trump mit seiner Gesundheitsreform gescheitert. Jetzt wird sein wichtigstes Wahlkampfversprechen zu seiner grössten Last.
Publiziert: 19.07.2017 um 00:08 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:51 Uhr
1/6
Neuster Plan von US-Präsident Donald Trump: Obamacare ersatzlos abschaffen.
Foto: AP
Johannes von Dohnanyi

Der US-Präsident, sagen seine Sprecher, ist sehr frustriert. Und sehr wütend!

Niemand habe sich vorstellen können, wie kompliziert eine Gesundheitsreform sei, hatte Donald Trump (71) schon nach dem ersten gescheiterten Anlauf im Juni entnervt geschimpft. Dafür erntete er viel Hohn und Spott.

Am Dienstag sollte die republikanische Mehrheit im Senat die verhasste Gesundheitsreform von Barack Obama jetzt endgültig durch ein eigenes Gesetz ablösen. Vom geschlossenen Widerstand der Demokraten wusste Trump. Dass aber vier Republikaner ihm erneut die Gefolgschaft verweigern würden, kam als Schock. Dem Präsidenten hat es die Sommerlaune endgültig verhagelt. Denn um der drohenden Blamage einer Abstimmungsniederlage zu entgehen, musste Fraktionschef Mitch McConnell (75) die Gesetzesvorlage erneut in letzter Minute zurückziehen.

«Die werden schon mitmachen»

Mit seinem Versprechen eines «fantastischen» neuen Gesundheitssystems ist Trump damit zwar vorerst gescheitert. Aber aufgeben kommt für den Mann im Weissen Haus nicht in Frage. Sein über Twitter verbreiteter neuer Plan: Der Senat soll Obamacare noch vor der Sommerpause ersatzlos abschaffen und sich gleichzeitig eine Übergangsfrist von zwei Jahren verordnen, um Trumps Lieblingsreform in aller Ruhe ausarbeiten zu können.

Mitch McConnell soll diese brachiale Strategie in wenigen Tagen umsetzen.

Der neue Vorschlag ist reine Erpressung. Sobald die Uhr erst einmal tickt, so das zynische Kalkül des Präsidenten, werde es die Partei der angeblichen «Sozialschmarotzer» nicht mehr wagen, ihre Klientel im Regen stehen zu lassen: «Wenn Obamacare erst einmal abgeschafft ist, werden die Demokraten schon mitmachen.»

Trump setzt auf alles oder nichts

Es könnte der schwerste Irrtum des Polit-Irrlichts Trump sein.

Im Herbst 2018 stehen in den USA die Zwischenwahlen an. Alle 435 Sitze im Kongress, 33 der hundert Sitze im Senat und 39 Gouverneursposten stehen dann zur Wahl.

Das Thema Gesundheitsreform droht ausgerechnet die Republikaner zu spalten. Dem radikalen Parteiflügel geht die angedachte Reform nicht weit genug. Und den Wählern dämmert allmählich, was das Aus von Obamacare für sie bedeuten würde. Die Debatten der republikanischen Senatoren mit ihrer Basis werden immer hitziger.

Verständlich, dass Trump seine geplante Gesundheitsreform vor diesen Wahlen durchbringen wollte. Deswegen hat er das Tempo rücksichtslos erhöht. Der Präsident erweist sich als Zocker. Er setzt auf höchstes Risiko: alles oder nichts.

Darum geht es

Obamacare

Als Präsident verwirklichte Barack Obama einen uralten Traum der Demokratischen Partei: Erstmals sind alle US-Bürger krankenversicherungspflichtig. Bedürftige werden vom Staat unterstützt. Aber nur ein Fünftel der 60 Millionen unversicherter Amerikaner hat das Angebot angenommen. Der Rest zahlt lieber die moderaten Bussgelder. Drei Viertel der bei Obamacare eingestiegenen Versicherungen sind inzwischen defizitär – auch weil die Republikaner im Kongress die staatlichen Unterstützungen blockierten.

In einem Punkt sind sich alle einig: Obamacare ist in der jetzigen Form zu teuer. Die Demokraten bieten daher eine Reform der Reform an.

Trumpcare

Aber Donald Trump hält Obamacare für einen grundsätzlich unerlaubten Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Statt auf Pflichtversicherung und Bussgelder setzt er auf Steuervergünstigungen und Deregulierung. Drastische Streichungen bei der medizinischen Sozialhilfe Medicaid sollen die Bundesstaaten zum Sparen zwingen.

Das unabhängige Haushaltsbüro des Kongresses hat errechnet: Mit Trumpcare würde sich das US-Haushaltsdefizit im kommenden Jahrzehnt um 337 Milliarden Dollar verringern. Doch der Preis wäre hoch: Allein im ersten Jahr nach Obamacare würden 14 Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung verlieren.

Obamacare

Als Präsident verwirklichte Barack Obama einen uralten Traum der Demokratischen Partei: Erstmals sind alle US-Bürger krankenversicherungspflichtig. Bedürftige werden vom Staat unterstützt. Aber nur ein Fünftel der 60 Millionen unversicherter Amerikaner hat das Angebot angenommen. Der Rest zahlt lieber die moderaten Bussgelder. Drei Viertel der bei Obamacare eingestiegenen Versicherungen sind inzwischen defizitär – auch weil die Republikaner im Kongress die staatlichen Unterstützungen blockierten.

In einem Punkt sind sich alle einig: Obamacare ist in der jetzigen Form zu teuer. Die Demokraten bieten daher eine Reform der Reform an.

Trumpcare

Aber Donald Trump hält Obamacare für einen grundsätzlich unerlaubten Eingriff in die Privatsphäre der Bürger. Statt auf Pflichtversicherung und Bussgelder setzt er auf Steuervergünstigungen und Deregulierung. Drastische Streichungen bei der medizinischen Sozialhilfe Medicaid sollen die Bundesstaaten zum Sparen zwingen.

Das unabhängige Haushaltsbüro des Kongresses hat errechnet: Mit Trumpcare würde sich das US-Haushaltsdefizit im kommenden Jahrzehnt um 337 Milliarden Dollar verringern. Doch der Preis wäre hoch: Allein im ersten Jahr nach Obamacare würden 14 Millionen US-Bürger ihre Krankenversicherung verlieren.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?