Ungarn - Zentralasien
EU-Kritiker Orban stellt Gemeinsamkeiten mit Turkstaaten heraus

Tscholpon-Ata – Ungarns EU-kritischer Ministerpräsident Viktor Orban hat die Gemeinsamkeiten seines Landes mit den meist autoritär regierten turksprachigen Ländern herausgestellt. Dafür nutzte er eine besondere Veranstaltung.
Publiziert: 04.09.2018 um 04:26 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:03 Uhr
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (3. von rechts) hat an einem Treffen der Präsidenten Zentralasiens einen Beobachterstatus.
Foto: KEYSTONE/AP Pool Presidential Press Service

Der rechts-nationale Politiker aus Ungarn nahm am Montag in Kirgistan in Zentralasien an einem Gipfel des Kooperationsrates der turksprachigen Staaten teil.

«Die Ungarn betrachten sich als späte Nachfahren des (Hunnenkönigs) Attila (aus der Völkerwanderungszeit). Sie stehen auf der Grundlage des hunnisch-turkvölkischen Ursprungs. Ihre Sprache ist mit den Turksprachen verwandt», sagte Orban nach Angaben der staatlichen ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Orban unterstützt pseudo-wissenschaftliche Thesen

Die Aussagen des Regierungschefs stiessen in Ungarn auf Befremden. Sprachwissenschaftlich ist es erwiesen, dass die ungarische Sprache der Familie der finno-ugrischen Sprachen und nicht der der Turksprachen angehört. In rechten und nationalistischen Kreisen Ungarns wird aber diese Erkenntnis seit dem 19. Jahrhundert bestritten. Die Anhänger des sogenannten Turanismus glauben, dass die heutigen Ungarn von den sagenumwobenen Hunnen der Völkerwanderungszeit abstammen und sowohl abstammungsmässig als auch sprachlich mit den Turkvölkern Zentralasiens verwandt seien.

Wissenschaftlich sind diese Ansichten nicht haltbar. Zwar erhalten ihre Anhänger in den von Orban und seinen Geschäftsleuten kontrollierten Medien häufig eine Bühne. Doch war es am Montag das erste Mal, dass sich Orban eindeutig zu dieser pseudo-wissenschaftlichen These bekannte. «In dem von Orban erträumten »Magyaristan« setzen augenblickliche politische und wirtschaftliche Interessen selbst wissenschaftliche Fakten ausser Kraft», schrieb die oppositionelle Tageszeitung «Nepszava» am Montag auf ihrer Webseite.

Am Präsidentengipfel in Tscholpon-Ata am See Issyk-Kul nahmen auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Kollegen aus Kirgistan, Kasachstan, Usbekistan und Aserbaidschan teil. Ungarn erhielt in der Organisation einen Status als Beobachter. Der kirgisische Präsident Sooronbai Scheenbekow lobte, dass Ungarn an seinem historischen Zusammenhang mit den Turkvölkern festhalte.

Orban pries wiederum die Turkvölker, die in der modernen Welt ihre Sprache, Kultur und Tradition bewahren würden. «Nur ein Volk, das stolz ist auf seine nationale Identität, kann stark sein», fügte er hinzu.

Äusserer Anlass des Präsidententreffens waren die Weltnomadenspiele. Etwa 2000 Sportler aus 80 Ländern messen sich in Disziplinen wie Reiten, Bogenschiessen oder Ringen, die für Nomaden und Hirten wichtig sind. (SDA)

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