«Die Präsidentschaft hat die Schutzmassnahmen für meinen Mann geändert», sagte Nasraoui, die auch Mitglied des UNO-Unterausschusses zur Folterprävention ist, der Nachrichtenagentur sda am Telefon.
Es bestünden aber immer noch Morddrohungen gegen Hammami. Sein Name stehe auf allen Listen von Terrororganisationen wie etwa der Al Kaida im islamischen Maghreb (AQMI). Deshalb habe sie Angst um ihren Mann und sei am 10. Juli in den Hungerstreik getreten.
Seit der Ermordung von Chokri Belaid im Februar 2013, der ebenfalls Sprecher der Volksfront war, wurde der Schutz Hammamis - wie auch anderer Politiker - rund um die Uhr durch die Präsidentengarde gewährleistet. Dieser Schutz ermöglichte es, mehrere Attentatsversuche zu vereiteln.
Im Juni wurde Hammamis Schutz den Sicherheitsdiensten des Innenministeriums übertragen. Diese Schutzmassnahmen werden gemäss Nasraoui jedoch nur punktuell auf Verlangen und ausschliesslich während offiziellen Anlässen gewährleistet.
Dieser Entscheid, der laut Nasraoui das Leben ihre Mannes gefährdet, sei getroffen worden, nachdem Hammami sich kritisch über die Regierungskoalition geäussert und vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gefordert hatte. Die Anwältin ist daher der Meinung, dass ihr Mann mit den eingeschränkten Schutzmassnahmen bestraft werden sollte. Anderen Politikern werde weiterhin der umfassende Schutz gewährt.
«Das Leben von Hammami ist ernsthaft in Gefahr», sagte auch der Politologe Riadh Sidaoui, Direktor des Arabischen Zentrums für politische und soziale Forschung und Analyse (CARAPS) in Genf auf Anfrage. Der tunesische Staat gefährde mit den eingeschränkten Schutzmassnahmen nicht nur das Leben Hammamis, sondern auch das der andern führenden Politiker der Volksfront.
Bisher sei die Volksfront, eine Koalition von 12 politischen Parteien und Organisationen aus Linken, arabischen Nationalisten und Grünen, das bevorzugte Ziel der Terroristen gewesen. Sidaoui erinnerte daran, dass die beiden 2013 ermordeten Politiker Chokri Belaid und Mohamed Brahmi der Volksfront angehörten.
Diese wichtigste Opposition setze sich für ein soziale Demokratie ein und störe die Regierungskoalition der rechten Parteien, darunter die säkulare Partei Nidaa Tounes und die islamistische Nahda, sagte Sidaoui. Deren neoliberale Wirtschaftspolitik habe zu einem Kaufkraftverlust des Mittelstandes geführt. Tunesien sei jedoch kein Wohlfahrtsstaat.
Nasraoui hat bisher weder von der Präsidentschaft noch von Regierungschef Youssef Chahed eine Antwort auf ihre Frage erhalten, ob die Bedrohung durch Terroristen für ihren Mann abgenommen habe. Noch Ende Mai habe es geheissen, diesbezüglich gebe es keine Änderung. Bis sie eine Antwort erhält, beziehungsweise bis der umfassende Schutz für Hammami wiederhergestellt wird, will sie ihren Hungerstreik fortsetzen.