In knapp zwei Wochen kommt es in den USA zum Showdown für US-Präsident Donald Trump (72): Behalten seine Republikaner ihre Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus oder schlagen die Demokraten zurück? Obwohl die anstehenden Halbzeitwahlen («Midterms») wegweisend sind, dominieren in den USA derzeit andere Themen die Schlagzeilen.
Die Tötung von Journalist Jamal Khashoggi (†59) am 2. Oktober im Saudi-Konsulat in Istanbul hat für einen grossen Aufschrei gesorgt. Der Regimekritiker wohnte im US-Exil und schrieb für die renommierte Zeitung «Washington Post». Obwohl es bereits nach kurzer Zeit starke Indizien gab, dass Khashoggi von den Saudis auf brutale Weise ermordet wurde, zierte sich Trump vor Sanktionen. Man wolle abwarten, bis handfeste Beweise vorliegen, beschwichtigte der US-Präsident Bevölkerung und Medien.
Als die Saudis nach wochenlangem Lügen ihre Version schliesslich änderten und eingestanden, dass Khashoggi in ihrer Botschaft ermordet wurde, hatte Trump «noch viele offene Fragen» und wollte Kronprinz Mohammed bin Salman anrufen. Seine republikanischen Parteifreunde, die einen Stopp von Waffenexporten forderten und gar den milliardenschweren Waffendeal mit den Saudis infrage stellten, liessen den US-Präsidenten kalt. Das komme nicht infrage, sagte Trump nur. Mitte Woche präsentierte sein Aussenminister Mike Pompeo dann die ersten Sanktionen: 21 saudischen Staatsbürgern dürfen nicht mehr in die USA einreisen.
Auslandpolitik zieht bei den Midterms nicht
Für seinen laschen und unentschlossenen Umgang mit dem Staat, der einen unliebsamen Journalisten mit US-Aufenthaltsbewilligung auf brutalste Weise im eigenen Konsulat ermordete, erhielt Trump viel Kritik. Auf die «Midterms» hat die Affäre aber kaum einen Einfluss, sagt Politikwissenschaftler T. J. Pempel von der Universität von Kalifornien. «Bei den Halbzeitwahlen dominieren inländische Themen wie Gesundheitsvorsorge, Waffengesetze oder Schutz des Abtreibungsrechts.» Der Fall Khashoggi werde keinen direkten Auswirkungen haben. «Einige demokratische Anhänger sehen sich wohl in ihrer Überzeugung bestärkt, dass ihr Präsident die Nähe zu Diktatoren sucht», so Pempel.
Auch die Nachricht, dass Trump den Atom-Abrüstungsvertrag mit Russland aufkündigen will, spiele für die «Midterms» keine Rolle. «Hier kommt der Aspekt dazu, dass wohl nicht einmal zwei Prozent der amerikanischen Bevölkerung etwas über den INF-Vertrag sagen könnte», so Pempel. Die Gefahr eines atomaren Wettrüsten zwischen den USA und Russland könnte im nächsten Präsidentschaftswahlkampf ein zentrales Thema werden, «nicht aber bei den Halbzeitwahlen».
Affäre Paketbomben: Clever umgangen
Eine der zwei brandaktuellen News-Geschichten sind die Paketbomben, die an Trump-Kritikern adressiert waren. Unter den Betroffenen ist Ex-Präsident Barack Obama, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und der TV-Sender CNN. Trumps Reaktion: Die Medien seien mitverantwortlich für den Terror. «Ein sehr grosser Teil der Wut, die wir heute in unserer Gesellschaft beobachten, wird verursacht durch absichtlich falsche und ungenaue Berichterstattung der Mainstream-Medien, die ich als Fake News bezeichne», schrieb er auf Twitter.
Auch in dieser Affäre kommt der US-Präsident nicht gut weg. Es hagelte Kritik von allen Seiten. Der republikanische Gouverneur von Ohio, John Kasich, sagte gegenüber CNN: «Tatsächlich bin ich überzeugt davon, dass Donald Trump nicht weiss, wie man persönliche Verantwortung übernimmt und er deshalb immer anderen die Schuld gibt.»
Die Konsequenzen für die «Midterms»? Minim. «Trump hat das clever gemacht, indem er sich zuerst staatsmännisch gab und die Attentate verurteilte sowie zu Höflichkeit aufrief», sagt Pempel. Dieser Aufruf stehe aber im Widerspruch zudem, was der Präsident in den vergangenen zwei Jahren kommunizierte. Republikanische Stimmen seien deshalb wohl kaum verloren gegangen. «Sie können argumentieren, dass sich ihr Präsident in seiner ersten Stellungnahme korrekt verhalten hat. Mit seiner Kritik gegen Journalisten gerät er bei den Republikanern nicht ins Abseits», erklärt Pempel.
Trump spielt die Migrations-Karte, die ihm 2016 zum Wahlsieg verholfen hat
Bleibt noch eine weitere aktuelle Story: Die Migranten-Karawane, die Trump Schritt für Schritt auf Twitter begleitet. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge marschieren zwischen 3600 und 5400 Menschen in Richtung Norden und steuern die US-Grenze an. Der US-Präsident hat die Migranten als Wahlkampf-Thema lieb gewonnen. Er sprach von einem «Angriff auf unser Land» und einem «nationalen Notstand».
«Damit spielt er genau jene Karte, die ihm bereits 2016 zum Wahlsieg verholfen hat», sagt Politologe Tempel. Seine Behauptungen, dass Demokraten für die Karawane bezahlen, dass Terroristen aus dem Mittleren Osten mitlaufen, dass Drogenbanden dabei sind – alles «klare Lügen», so Tempel. «Aber genau solche Geschichten lieben seine Anhänger. Das wird ein Anstieg der republikanischen Wähler zur Folge haben, weil sie glauben, Trump beschütze ihre Grenzen vor Kriminellen.»
12 Tage vor den Wahlen ist es Trump also gelungen, die Aufmerksamkeit seiner republikanischen Anhänger auf eine Migranten-Karawane aus Guatemala zu lenken. «Dass die Demokraten dem kaum etwas entgegenzusetzen haben, sollte ihnen zu denken geben», sagt Robert Erikson von der Columbia University in New York. Trump hält das Megafon in den Händen und seine Gegner schauen zu. Erikson: «Die Folgen für die Wahlen könnten aus Sicht der Demokraten verheerend sein.»
Die Halbzeitwahlen oder auch Zwischenwahlen («midterms elections») finden jeweils in der Mitte der vierjährigen Amtszeit eines Präsidenten statt. Traditionell wird am Dienstag nach dem ersten Montag im November gewählt. Dieses Jahr fällt der Wahltag auf den 8. November. Das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren werden dann neu bestimmt. Zusätzlich finden in einigen Staaten Gouverneurswahlen statt.
Die Halbzeitwahlen oder auch Zwischenwahlen («midterms elections») finden jeweils in der Mitte der vierjährigen Amtszeit eines Präsidenten statt. Traditionell wird am Dienstag nach dem ersten Montag im November gewählt. Dieses Jahr fällt der Wahltag auf den 8. November. Das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren werden dann neu bestimmt. Zusätzlich finden in einigen Staaten Gouverneurswahlen statt.