Die Experten der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) sollen sich am Mittwoch ins syrische Duma begeben können. Das kündigte der russische Botschafter Alexander Schulgin am Montagabend in Den Haag an.
Das OPCW-Team war am Samstag in Damaskus eingetroffen. Russland und Syrien hatten den Experten unter Verweis auf «Sicherheitsprobleme» während mehreren Tagen nicht erlaubt, nach Duma zu gehen, wie OPCW-Chef Ahmet Üzümcü zuvor am Montag bei einer Dringlichkeitssitzung in Den Haag gesagt hatte.
Die Experten der OPCW hätten eigentlich am Sonntag mit ihren Untersuchungen in Duma beginnen wollen, trafen sich stattdessen jedoch mit Behördenvertretern in ihrem Hotel in Damaskus. Über ihren Zeitplan wurde eine strikte Nachrichtensperre verhängt. Russland erklärte die Verzögerung für den Zugang der OPCW-Experten mit den Raketenangriffen der USA, Frankreichs und Grossbritanniens.
In einem Interview am Montag mit der BBC sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow: «Wir verlieren die letzten Überbleibsel an Vertrauen.» Der Westen handle nach einer «sehr merkwürdigen Logik». Sowohl im Fall des vergifteten Ex-Agenten Sergej Skripal als auch hinsichtlich des mutmasslichen Giftgasangriffs in Syrien seien zuerst Strafmassnahmen eingeleitet und dann Beweise gesucht worden.
Es gebe aber weiterhin funktionierende Kanäle zur Konfliktlösung zwischen dem russischen und dem US-Militär in Syrien. Eine direkte Konfrontation sei nicht in Sichtweite gewesen.
Lawrow beteuerte erneut, Russland habe sich nicht an dem Ort des mutmasslichen Giftgasangriffs im syrischen Duma zu schaffen gemacht. Der Angriff habe zudem nie stattgefunden. «Was sich abgespielt hat, war eine inszenierte Sache», sagte Lawrow.
Unterdessen nehmen die Bemühungen um eine diplomatische Lösung des Syrien-Konflikts Fahrt auf. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron will dazu auch Russland und die Türkei an den Verhandlungstisch holen und hat einen neuen Entwurf für eine Resolution des Uno-Sicherheitsrats erarbeiten lassen.
Seit vergangenem Mittwoch waren im Uno-Sicherheitsrat vier Resolutionen zu Syrien gescheitert. Damit sollten unter anderem eine neue Ermittlergruppe zu Giftgasangriffen im Land geschaffen und der Angriff Frankreichs, der USA und Grossbritanniens auf syrische Ziele verurteilt werden.
Bei einem Treffen in Luxemburg sicherten die EU-Aussenminister der Initiative Macrons Unterstützung zu. Es müsse «die Dynamik der gegenwärtigen Situation genutzt werden, um den Prozess zur politischen Lösung des Syrien-Konflikts wiederzubeleben», erklärten sie am Montag. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini hofft, auch die Syrien-Konferenz in der kommenden Woche in Brüssel für politische Gespräche nutzen zu können.
Die Unterstützung der EU für die Luftangriffe auf Ziele in Syrien fiel indessen zurückhaltend aus. In der Stellungnahme der EU-Aussenminister heisst es lediglich, man habe «Verständnis» für die von den USA, Frankreich und Grossbritannien ausgeführten Angriffe auf Chemiewaffenanlagen. Als einen Grund für die schwache Sprache nannten die Diplomaten unterschiedliche Positionen von EU-Staaten.
USA, Grossbritannien und Frankreich hatten in der Nacht zum Samstag Ziele in Syrien angegriffen, als Reaktion auf den mutmasslichen Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg vom 7. April, für den sie Präsident Baschar al-Assad verantwortlich machen. Bei dem mutmasslichen Giftgasangriff sollen mehrere Dutzend Personen getötet und über 500 verletzt worden sein.