Video löst politisches Erdbeben in Österreich aus
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Wegen Skandal-Video:Nach Video und Straches Rücktritt folgen Neuwahlen

Was wir vom Ibiza-Video bisher wissen
Welche schmutzigen Szenen von Strache werden verheimlicht?

Nach dem Rücktritt von Ösi-Vizekanzler HC Strache rätseln alle: Wer steckt hinter dem heimlich gedrehten Ibiza-Video? BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zum Skandal-Clip.
Publiziert: 19.05.2019 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2020 um 19:49 Uhr
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Strache sagte laut dem Video, dass die Frau die Strassenbau-Aufträge erhalten soll, die bislang die Strabag erhielt.
Foto: Screenshot
Guido Felder, Dominique Rais

Was zeigt das Video?

Die Aufnahmen zeigen ein Treffen in einer Villa auf Ibiza, das im Juli 2017 stattgefunden hat. Darin stellt Heinz-Christian Strache (49), der damals FPÖ-Präsident war und später Vize-Kanzler wurde, einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen millionenschwere Staatsaufträge im Tausch gegen Wahlkampfhilfe für die FPÖ in Aussicht. Konkret geht es um die Übernahme von 50 Prozent der «Kronen»-Zeitung mit der Idee, diese auf FPÖ-Linie zu bringen.

Wer ist auf dem Video zu sehen?

Nebst Strache folgende Personen: FPÖ-Klubobmann und Straches Vertrauter Johann Gudenus (42) mit Ehefrau Tajana, ein Deutsch sprechender Mann und eine Frau, die vor allem Russisch und Englisch spricht. Diese Frau ist sicher keine Nichte eines Oligarchen, sondern vermutlich eine Prostituierte mit Schauspieltalent.

Wer hat das Video veröffentlicht?

Die Aufnahmen wurden der «Süddeutschen Zeitung» und etwas später dem «Spiegel» zugespielt. Die Reporter wurden im Raum München in ein verlassenes Hotel geführt, wo ihnen die Dokumente auf USB-Sticks übergeben wurden.

Wer hat die heimlichen Aufnahmen gemacht?

Die beiden Redaktionen kennen die Quelle, geben sie aber nicht preis. Inzwischen hat man aber herausgefunden, dass die Spur nach Wien führen muss, wo ein Anwalt M. mit Johann Gudenus Anfang 2017 in Kontakt getreten war. Er vermittelte ein Treffen mit der angeblichen Oligarchen-Nichte «Aljona Makarowa», die vorgab, von Gudenus Ländereien abkaufen zu wollen. Bei den nachfolgenden Treffen war jeweils auch ein Detektiv mit Fakename «Julian Thaler» aus München dabei. Man vereinbarte ein Treffen auf Ibiza, wo dann das Video aufgenommen wurde.

Warum wurde das Video erst zwei Jahre später veröffentlicht?

Da gibt es zurzeit nur Vermutungen. Wegen der aufwändigen Inszenierung, deren Kosten auf gegen 600’000 Euro geschätzt werden, wollten die Urheber das Video wohl möglichst teuer verkaufen. Experten gehen von Forderungen von 1,5 bis 5 Millionen Euro aus! Möglicherweise fand sich aber lange kein Abnehmer. Dass nun zwei deutsche Zeitungen darüber berichten, könnte damit zu tun haben, dass ein der FPÖ feindlich gesinnter «Investor» die Kosten übernommen hat. Die beiden Zeitungen verneinen die Bezahlung eines Honorars.

Was hat Jan Böhmermann mit der Geschichte zu tun?

Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann (38) hatte schon Mitte April in einem Video-Grusswort für die Verleihung des österreichischen Fernsehpreises «Romy» gescherzt, er hänge «gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza» rum und verhandle über die Übernahme der «Kronen-Zeitung». Wie konnte er diese Szene kennen? Vermutlich war das Video zuerst Böhmermann angeboten worden, der in dem Fall aber nicht weiter recherchieren wollte. Mit Spannung wartete man auf seine TV-Sendung vom 22. Mai, die er mit zweideutigen Bemerkungen angekündigt hatte. Es gab allerdings keine News, der Satiriker hatte alle verarscht.

Welche Auswirkungen hatte das Video?

Es löste in Österreich eine schwere Staatskrise aus. Strache trat als Vize-Kanzler zurück, Gudenus legte alle Ämter nieder. ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz (32) entliess Innenminister Herbert Kickl (50), worauf alle weiteren FPÖ-Minister ihren Rücktritt einreichten. Inzwischen wurden die fehlenden Ministerposten durch Experten gefüllt.

Wie ging es nach dem Treffen auf Ibiza weiter?

Laut der «Süddeutschen Zeitung» gibt es Hinweise, wonach Gudenus weiter in Kontakt mit der angeblichen Russin blieb. Die «Kronen-Zeitung» ist nach wie vor zu 50 Prozent in Besitz der Gründer-Familie Dichand. Die andere Hälfte wurde 2018 von der deutschen Funke-Gruppe an die Signa-Gruppe von René Benko verkauft.

Wie geht es nun politisch weiter?

Der Fall ist noch lange nicht ausgestanden. Die Linken geben an der Misere Kanzler Kurz die Schuld, weil er sich mit der FPÖ in eine Koalition eingelassen hatte. Am 27. Mai muss sich Kurz einem Misstrauensantrag im Parlament stellen. Wenn er sich halten kann, muss er das Land mit der Übergangsregierung bis zu den vorgezogenen Neuwahlen im September wieder zusammenkitten. Wird er rausgeworfen, müsste Bundespräsident Alexander Van der Bellen (75) einen neuen Kanzler bestimmen. Österreich würde ein noch grösseres Chaos drohen.

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