Selbstjustiz im Mittelmeer
Nazi-Schiff will Flüchtlingsboote stoppen

Ein Schiff der umstrittenen Identitären Bewegung hat sich auf den Weg zur libyschen Küste gemacht. Die rechtsextreme Gruppierung will dort die Rettung von Flüchtlingen verhindern. NGOs üben starke Kritik.
Publiziert: 13.07.2017 um 21:40 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:13 Uhr
Flüchtlinge kommen in einem Boot bei der griechischen Insel Lesbos an: Das wollen die Rechtsextremen künftig verhindern.
Foto: Muhammed Muheisen
Magdalena Oberli

Die Identitäre Bewegung ist am Dienstag mit einem gecharterten Schiff in Djibouti in Ostafrika in See gestochen. Nächste Woche soll das Schiff «C-Star» Sizilien erreichen. Nachdem dort weitere Aktivisten der Bewegung aufgeladen werden, nimmt das Schiff Kurs auf die libysche Küste. Ziel der Mission «Defend Europe» ist es, Rettungsaktionen von Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer zu behindern.

Mehrere NGOs, welche Rettungseinsätze für Flüchtlinge im Mittelmeer durchführen, blicken besorgt auf die Aktion. Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagte etwa die Schweizer Sektion von «Amnesty International»: «Es ist unfassbar, dass es Menschen gibt, die so etwas planen und damit bewusst Menschenleben gefährden oder sogar den Tod von Frauen, Kindern und Männern auf der Flucht in Kauf nehmen würden.» Auch das Anti-Rassismus-Komitee der französischen Regierung verurteilt die Aktion und leitete bereits juristische Schritte ein.

Selbstjustiz via Crowdfunding

Die Bewegung finanziert ihre Mission mittels einer Crowdfunding-Aktion, bei der bisher über 100’000 US-Dollar zusammengekommen sind. Für die Aktion schlossen sich Rechtsextremisten mehrerer europäischer Länder zusammen. Mit der Kampagne wolle man «auf den kriminellen Schlepperwahnsinn im Mittelmeer» hinweisen. Die Identitären behaupten nämlich, dass die NGOs die Aktivitäten der Schlepperbanden unterstützen. Konkret planen die Aktivisten etwa das Abhören von Funksprüchen. 

In einem Propagandavideo lassen sie verlauten: «Zeigen wir es zusammen der linken Presse, den NGOs und der EU.» In erster Linie solle sichergestellt werden, «dass Flüchtlinge zurück nach Afrika kommen», wie die Gruppierung weiter mitteilt. Die Aktivisten propagieren, alles in ihrer Macht stehende tun zu wollen, «um Europa zu verteidigen».

Identitäre Bewegungen gibt es in mehreren europäischen Ländern, auch in der Schweiz. Die Bewegungen gehen von einer homogenen «europäischen Kultur» aus, deren «Identität» durch die Einwanderung von Personen aus anderen Kulturkreisen bedroht sei. Politikwissenschaftler ordnen solche Gruppierungen als eine Form von Rechtsextremismus ein.

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