Russlands Corona-Impfstoff
Erste Interessenten und viel Kritik

Den Wettlauf um die erste Zulassung eines Corona-Impfstoffs hat Russland für sich entschieden - doch statt Jubel gibt es weltweit viel Kritik.
Publiziert: 12.08.2020 um 10:10 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2021 um 10:36 Uhr
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Der russische Präsident Wladimir Putin verkündet stolz die Zulassung eines Corona-Impfstoffes.
Foto: keystone-sda.ch

Wirksamkeit und Sicherheit seien wegen der nicht abgeschlossenen dritten Testphase nicht zu beurteilen und der Impfstoff damit eine potenzielle Gefahr für die Bevölkerung, bemängeln Experten weltweit.

WHO äussert sich zurückhaltend zu russischem Impfstoff

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat mit Zurückhaltung auf die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin verkündete Zulassung eines Corona-Impfstoffes reagiert. Die WHO sei sich bewusst, dass Russland ein Vakzin registriert habe, und begrüsse alle Fortschritte bei der Forschung und Entwicklung zu Covid-19-Impfstoffen, teilte das WHO-Regionalbüro Europa auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Zugleich wies das Büro darauf hin, dass die beschleunigte Impfstoffforschung in jedem Entwicklungsschritt gemäss bewährter Prozesse vonstattengehen sollte. Damit werde sichergestellt, dass jeglicher Impfstoff sicher und effektiv sei, wenn er letztlich in die Produktionsphase gehe. Die WHO stehe in Kontakt mit den russischen Wissenschaftlern und Behörden und freue sich darauf, Einzelheiten der Versuche zu überprüfen.

Keine Kenntnis über Nebenwirkungen

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Dienstag die Zulassung des Impfstoffs «Sputnik V» zur breiten Verwendung in der Bevölkerung bekanntgegeben. Sie erfolgte vor dem Vorliegen der Ergebnisse sogenannter Phase-III-Studien - ein Vorgehen, das dem international üblichen Ablauf widerspricht. Weder die Wirksamkeit noch die Nebenwirkungen lassen sich derzeit fundiert beurteilen.

Wissenschaftler sind beunruhigt

«Dass die Russen solche Massnahmen und Schritte überspringen, beunruhigt unsere Gemeinschaft von Impfwissenschaftlern», sagte Peter Hotez vom Baylor College of Medicine in Houston (Texas) dem Fachjournal «Nature». «Wenn sie es falsch machen, könnte das gesamte globale Vorhaben untergraben werden.» Eine Massenimpfung mit einem nicht ausreichend getesteten Impfstoff sei unethisch, kritisierte Francois Balloux vom University College London.

Abkommen mit Brasilien

Trotz der immensen Kritik gibt es aber auch Interesse an dem Mittel. Der brasilianische Bundesstaat Paraná kündigte an, ein Abkommen mit Russland zu schliessen, um den Impfstoff selbst zu produzieren. «Die technisch-wissenschaftliche Kooperation öffnet die Möglichkeit, Impfstoff-Tests zu machen und die Impfung hier für die brasilianische Bevölkerung zu produzieren», sagte der russische Konsul in Curitiba, Acef Said, der Deutschen Presse-Agentur.

Internationales Interesse

Der Chef des russischen Investmentfonds, Kirill Dmitrijew, nannte neben Brasilien auch die Philippinen und die Vereinigten Arabischen Emirate als Länder, die Interesse an einer Produktion von «Sputnik V» hätten. Es gebe darüber hinaus auch Interesse aus dem Ausland, an der dritten Testphase teilzunehmen. Israel teilte mit, grundsätzlich an «Sputnik V» interessiert zu sein. Es gebe bereits Beratungen über den neuen Impfstoff, hatte der israelische Gesundheitsminister Juli Edelstein am Dienstag gesagt.

Seitenhieb gegen die USA

Der Impfstoff wurde vom staatlichen Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Erst wenige Menschen haben ihn im Rahmen einer Studie erhalten. Zu den ersten Menschen aus der Bevölkerung, die nun geimpft werden sollen, gehören medizinisches Personal und Lehrer. Parallel dazu sollen die entscheidenden Phase-III-Tests mit Tausenden Probanden laufen. Der Name «Sputnik V» soll an den ersten Satelliten im All erinnern, den die Sowjetunion 1957 gestartet hatte - und damit vor den USA.

USA will eigenen Impfstoff

US-Präsident Donald Trump versprach dem amerikanischen Volk nach Russlands Ankündigung schnelle Fortschritte bei der Entwicklung eines eigenen Impfstoffes. «Wir sind auf dem besten Weg, schnell 100 Millionen Dosen zu produzieren, sobald der Impfstoff zugelassen ist, und kurz danach bis zu 500 Millionen», sagte er. Mehrere aussichtsreiche Stoffe seien in der letzten Erprobungsphase und stünden vor einer Zulassung.

Sechs weitere Impfstoff-Kandidaten

Laut einer Liste der Weltgesundheitsorganisation vom Montag werden derzeit sechs andere Impfstoff-Kandidaten in einer Phase-III-Studie getestet. Nur ein gut wirksamer Impfstoff kann Experten zufolge eine rasche und deutliche Wende in der Corona-Pandemie bringen, ohne dass strenge Lockdown-Regeln nötig sind. (SDA)

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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