Kein dicht bevölkerter Ort war dem Epizentrum des Erdbebens vom vergangenen Freitag näher als die Ortschaft Donggala. Über 300'000 Menschen wohnen in dem Gebiet nordwestlich der indonesischen Stadt Palu. Zu Donggala gehört auch das Fischerdorf Boya. Wie Bewohner Andi Rainaldi einer Journalistin dem australischen Fernsehsender ABC erzählt, steht in Boya kein einziges Haus mehr. Das ganze Dorf sei verschwunden.
Tragisch: Rainaldi verlor bei der Katastrophe seinen Sohn Endi, zwei Nichten, ein Göttikind und eine Tante. Insgesamt starben sieben seiner Familienmitglieder. Sie wurden entweder beim Erdbeben von Trümmern erschlagen oder von der Tsunami-Welle ins Meer gespült.
«Wir haben nichts aus Donggala gehört»
Nach der jüngsten Zwischenbilanz der nationalen Katastrophenschutzbehörde kamen mindestens 844 Menschen ums Leben. Es wird befürchtet, dass die Opferzahl weiter steigt. Mindestens 90 Menschen werden nach offiziellen Angaben noch vermisst. Lokale Zeitungen berichten bereits von über 1200 Toten.
Allein 400 der bestätigten Todesopfer wurden in der Stadt Palu gefunden. Das Ausmass im schwer getroffenen Gebiet Donggala ist unklar. Eine Mitarbeiterin des Hilfswerks Oxfam sagt laut Channel News Asia: «Die nationale Katastrophenbehörde hat beunruhigenderweise erklärt, dass sie aus dem Bezirk Donggala, der sich näher beim Epizentrum des Erdbebens befindet, keine Informationen erhalte.» Auch das Rote Kreuz schlägt in einer Mitteilung Alarm: «Wir haben nichts aus Donggala gehört, und das ist äusserst besorgniserregend.»
«Ich erkannte meinen Sohn nicht mehr»
Rainaldi war mit Familienmitgliedern beim Essen, als die Katastrophe eintraf. Die Kinder waren beim Spielen. Ein paar Stunden später fanden er und seine Frau ihren Sohn unter den Toten, die in einer zum Leichenschauhaus umfunktionierten Moschee aufgebahrt worden waren. «Ich konnte meinen Sohn nicht mehr an seinem Gesicht erkennen», sagt der trauernde Familienvater. «Nur an seinen Kleidern.» Sein Körper sei nicht mehr erkennbar gewesen.
Die Menschen suchen entlang der Küste und unter den Trümmern nach vermissten Familienmitgliedern und Freunden. Viele Überlebende haben alles verloren. Einer von ihnen ist Siswanto, in dessen Haus der Tsunami ein grosses Fischerboot schmetterte. «Ich weiss nicht, wo wir jetzt hingehen sollen», sagt der Mann vor den Trümmern.
Inzwischen wurde mit der Aushebung von Massengräbern begonnen, um die Toten möglichst schnell unter die Erde zu bringen. Die Behörden gaben Anweisung, genügend Platz für 1300 Opfer zu schaffen. Mit den Massenbeisetzungen wollen die Behörden die Ausbreitung von Krankheiten verhindern. (noo)