Rassisten-Anschlag in Italien
Schweizer Rechtsextreme pflegen Kontakte ins Attentäter-Umfeld

Vor einer Woche schoss Luca Traini (28) im italienischen Macerata gezielt auf Dunkelhäutige. Jetzt zeigen Recherchen: Schweizer Extremisten haben enge Verbindungen ins Umfeld des Attentäters.
Publiziert: 11.02.2018 um 10:55 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 00:25 Uhr
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Schoss gezielt auf Dunkelhäutige: Der neofaschistische Attentäter Luca Traini (28) kurz nach seiner Verhaftung in Italien.
Foto: Stringer
Fabian Eberhard

Mehr als 30 Schüsse hatte er abgefeuert, dann stieg Luca Traini (28) die Treppen zu einem Denkmal für gefal­lene Soldaten hoch, legte die italienische Nationalflagge um seine Schultern und reckte den Arm zum Faschistengruss. Als ihn Polizisten festnahmen, schrie er: «Ita­lien den Italienern!»

Es war das bizarre Finale eines rassistischen Attentats, das Italien seit Tagen in Schockstarre hält. Zwei Stunden raste der Neofaschist zuvor mit seinem Auto durch die Kleinstadt Macerata und schoss mit einer Neun-Millimeter-Pistole gezielt auf Dunkelhäutige. Die traurige Bilanz: Sieben Migranten wurden verletzt, mehrere davon lebensgefährlich.

Fand man im Haus von Attentäter Luca Traini: Hitlers «Mein Kampf» und «La Storia della Repubblica Sociale».
Foto: zvg

Bei Casa Pound fand er seine ideologische Heimat

Eine Woche nach der Bluttat ist klar: Traini radikalisierte sich unter anderem im Dunstkreis der gewalttätigen rechtsextremen Bewegung Casa Pound. Dort fand er seine ideologische Heimat: Rassenhass, Gewalt und Führerkult. Zusammen mit anderen Anhängern marschierte und hetzte er gegen Ausländer.

Die faschistische Gruppierung hat sich in den letzten Jahren in ganz Italien ausgebreitet. Casa-Pound-Aktivisten betreiben soziale Zentren, unterwandern Studentengruppen – und immer häufiger attackieren sie Migranten oder Linke auf offener Strasse.

Recherchen zeigen jetzt: Schweizer Rechtsextreme pflegen enge Kontakte zu Casa Pound. Als Bindeglied zwischen der Schweiz und Italien agiert der radikale Italo-Schweizer A. S.* (26) aus dem Kanton Aargau. Er hat einen direkten Draht zum Anführer der militanten Organisation, Gianluca Iannone. Fotos zeigen die beiden, wie sie zusammen Bier trinken.

Seit Jahren knüpfen hiesige Extremisten ein italienisch-schweizerisches Netzwerk: 2016 besuchten Pnos-Mitglieder den 
nationalen Kongress von Casa Pound in der Toskana.
Foto: zvg

S. fädelt Vernetzungstreffen ein und verbreitet die Propaganda der italienischen Faschisten in der Schweiz. Dabei arbeitet er eng mit Dominic Lüthard zusammen, dem Chef der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos).

Zuletzt organisierten die beiden eine Reise zu Casa Pound in Rom. Knapp 20 Rechtsradikale aus der Schweiz schlossen sich an, übernachteten im besetzten Hauptquartier der Gruppierung und feierten mit führenden Köpfen der Bewegung. An einem der Abende spielten Lüthard und sein Stellvertreter bei der Pnos in einer Bar rechte Balladen für ihre italienischen Kameraden.

Italienisch-schweizerisches Netzwerk

Diese Reise war nicht die erste ihrer Art. Seit Jahren knüpfen hiesige Extremisten ein italienisch-schweizerisches Netzwerk: 2016 besuchten Pnos-Mitglieder den nationalen Kongress von Casa Pound in der Toskana, im vergangenen März trafen sich Aktivisten aus den Kantonen Bern, Aargau und St. Gallen mit Casa-Pound-­Anhängern in L'Aquila – nicht weit von Macerata, der Kleinstadt, wo Traini vergangene Woche auf seine Opfer schoss.

Schweizer Rechtsextreme bei einen Faschisten-Kongress der Casa Pound.
Foto: zVg

Weder S. noch Lüthard wollen sich zu ihren Verbindungen nach Italien äussern. Ein Casa-Pound-Sprecher distanzierte sich letzte Woche nach massivem öffentlichem Druck von der Bluttat des Sympathisanten der Organisa­tion.

Das internationale Netzwerk bereitet auch dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) Sorgen. In seinem aktuellen Sicherheits­bericht warnt er vor den Auslandkontakten der Schweizer Neonazis und schreibt von «Beziehungen, die sich auch für handfeste Zusammenarbeit nutzen lassen».

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