Präsidentenwahl in Weissrussland
Drei Frauen wollen Lukaschenko besiegen

Für den härtesten Kampf ihres Lebens hat Swetlana ihre beiden Kinder sicherheitshalber ins Ausland bringen lassen. Eigentlich sollte ihr Mann am 9. August gegen Dauer-Präsident Alexander Lukaschenko antreten.
Publiziert: 31.07.2020 um 09:31 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2020 um 15:19 Uhr
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Seit 26 Jahren ist Alexander Lukaschenko in Weissrussland an der Macht – und er will noch länger bleiben.
Foto: Screenshot Blick TV

Doch weil er - wie viele andere - im Gefängnis sitzt, führt nun seine Frau den Widerstand.

In dem Land zwischen EU-Mitglied Polen und Russland demonstrieren seit Wochen Tausende für Veränderung und Freiheit. Der 65-jährige Präsident Alexander Lukaschenko hat seine wichtigsten Gegner vor der Wahl wieder einsperren lassen. Das führte zu Protesten und Festnahmen von Hunderten Aktivisten. Doch nun vollzieht sich in der Ex-Sowjetrepublik etwas, was viele kaum noch für möglich hielten: Mit Swetlana Tichanowskaja schmiedeten die Frauen der von der Wahlkommission abgelehnten Bewerber ums Präsidentenamt ein Bündnis.

Frauen an die Macht

Am Donnerstag startete die 37-Jährige in der Hauptstadt Minsk ihre Wahlkampftour durchs Land. Mit dabei: Maria Kolesnikowa für den inhaftierten Ex-Bankchef Viktor Babariko und Veronika Zepkalo für den Unternehmer Waleri Zepkalo. Bislang hat Lukaschenko Frauen in der Politik nie ernst genommen. Jetzt drohen sie, das von Männern geprägte System ins Wanken zu bringen.

Die politisch unerfahrene Kandidatin habe am Donnerstagabend rund 34 000 Menschen mobilisiert, teilte die Menschenrechtsorganisation Wesna mit. Es ist die grösste Aktion der Opposition in der Ex-Sowjetrepublik seit Jahren. Tichanowskaja will am 9. August den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko herausfordern. Auf die 37 Jahre alte Ehefrau des prominenten inhaftierten Bloggers Sergej Tichanowski richten sich alle Hoffnungen der Lukaschenko-Gegner.

Europas letzter Diktator

Lukaschenko, der als «letzter Diktator» Europas gilt, will sich für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Er regiert die Ex-Sowjetrepublik seit 26 Jahren mit harter Hand. Um bessere Chancen bei der Abstimmung zu haben, schloss sich Tichanowskaja mit den Teams der von der Wahl ausgeschlossenen Bewerber Viktor Babariko und Waleri Zepkalo zu einem Bündnis zusammen.

Vorwürfe gegen die Opposition

Lukaschenko wirft den Oppositionellen immer wieder vor, Unruhen provozieren zu wollen und mit dem Ausland Umsturzversuche zu planen. Tichanowskaja wies die Vorwürfe bei der Kundgebung vehement zurück. Zuletzt wurden auch mutmassliche russische Söldner in der Nähe von Minsk festgenommen. Welchen Einfluss dies auf die Wahl haben wird, war bislang nicht absehbar.

Freiheit für die Gefangenen

Tichanowskaja will im Fall eines Sieges Neuwahlen ansetzen und alle politischen Gefangenen freilassen, darunter auch ihren Mann Sergej, wie sie bei der Veranstaltung sagte. «Ich bin müde, alles hinzunehmen, ich bin müde, zu schweigen, und ich bin müde, Angst zu haben.» Sie wolle das System ändern, aber nicht selbst an die Macht kommen.

Experten gehen davon aus, dass es im Fall eines Sieges von Lukaschenko zu neuen Protesten kommt. Bisher wurden Präsidentenwahlen in Belarus nicht als demokratisch anerkannt.

Coronavirus ohne Symptome

Vor der Präsidentenwahl in Belarus (Weissrussland) hat der 65 Jahre alte Staatschef Alexander Lukaschenko nach eigenen Angaben eine Coronavirus-Erkrankung ohne Symptome überstanden. «Sie treffen heute einen Menschen, der es fertiggebracht hat, das Coronavirus auf den Beinen zu überstehen», sagte Lukaschenko am Dienstag in der Hauptstadt Minsk der Staatsagentur Belta zufolge. Die Ärzte hätten bestätigt, dass er das Virus symptomfrei überstanden habe. Zugleich entschuldigte er sich für seine heisere Stimme.

«Wie ich schon gesagt habe, überstehen 97 Prozent der Bevölkerung bei uns das Virus ohne Symptome», sagte Lukaschenko. Eine wissenschaftliche Bestätigung für diese Behauptung gab es nicht. «Endlich gehöre ich auch zu dem goldenen Bestand in Belarus, der das Virus überstanden hat», sagte er bei einem Besuch von Einheiten des Innenministeriums.

Lukaschenko nimmt Virus nicht ernst

In der Krise habe sich Lukaschenko abfällig geäussert über jene, die an dem Virus starben. «Das hat viele Menschen tief verletzt.» Zerstört habe er damit auch sein Bild vom Landesvater, der sich um das Wohl der Menschen kümmere.

Die Ex-Sowjetrepublik zwischen dem EU-Mitglied Polen und Russland erlebte bisher keinen Lockdown. Lukaschenko hatte auch Massenveranstaltungen erlaubt - und das Virus zuletzt für besiegt erklärt. Dieser Kurs ist umstrittenen. Gegner werfen dem Staatschef vor, die Gefahr nicht ernst zu nehmen und die Bürger massenhaft einem Gesundheitsrisiko auszusetzen.

Belarus hatte nach Behördenangaben bisher mehr als 67 000 registrierte Coronavirus-Fälle und 543 Tote. (SDA)

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