Seit einem Monat steht Europa grösstenteils still. Doch immer mehr Regierungen denken über eine Exit-Strategie nach, um ihr Land wieder hochzufahren, den Handel wiederzubeleben und das öffentliche Leben zurückzubringen.
Den Anfang macht Österreich. Sebastian Kurz (33, ÖVP) hat am Montagmorgen Lockerungen der strengen Corona-Massnahmen angekündigt. Schon nach Ostern soll es losgehen.
Allerdings stufenweise. «Halten Sie sich bitte weiter an die Corona-Massnahmen und feiern Sie nicht mit Verwandten und Freunden», appellierte der österreichische Kanzler zu Beginn seiner Ansprache.
Seine Exit-Strategie sieht so aus:
- Nach Ostern dürfen Geschäfte wieder öffnen – allerdings nur jene mit bis zu 400 Quadratmetern sowie Bau- und Gartenmärkte
- Die Maskenpflicht gilt ab 14. April in allen Läden und öffentlichen Verkehrsmitteln
- Bis Ende April werden die Ausgangsbeschränkungen aufrechterhalten
- Das Ziel: Bis zum 1. Mai soll der gesamte Handel wieder laufen
- Auch Coiffeursalons sollen ab 1. Mai wieder öffnen dürfen
- Restaurants, Hotels und Schulen dürfen frühestens Mitte Mai wieder öffnen
- Keine Konzerte und andere Events bis Ende Juni
Der Plan ist risikoreich – aber auch psychologisch ein wichtiges Signal für die Bevölkerung und die Wirtschaft. Noch vor dem ersten Todesfall hatte Sebastian Kurz den Reiseverkehr eingeschränkt, seit dem 16. März geht landesweit nichts mehr. Raus darf man nur noch zum Einkaufen – später folgte die Schutzmaskenpflicht.
Der Knallhart-Plan wirkte. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt täglich – ebenso wie die der Aktivkranken, also der Corona-Fälle abzüglich der Genesenen und der Toten.
Ein kritischer Faktor, von dem etwa Italien noch weit entfernt ist. Dort wächst die Zahl der Aktivkranken aktuell noch immer um 3,4 Prozent am Tag.
Merkel will keinen Stichtag nennen
Werden harte Sperren zu schnell aufgehoben, droht ein Rückfall. Wenn noch nicht genügend Menschen in einer Gesellschaft immunisiert sind und sie sich nach der Isolation wieder treffen, hat das Virus freie Bahn.
Das weiss auch die deutsche Bundeskanzlerin. Ein Konzeptpapier für die stufenweise Öffnung des Landes liegt vor, doch auf einen Stichtag will sich Angela Merkel (65) nicht festlegen: «Ich wäre eine schlechte Kanzlerin, wenn ich ein Datum nennen würde.» Bislang gelten die Einschränkungen bis zum 19. April. Danach könnten als Erstes der Einzelhandel, Restaurants und die Schulen in bestimmten Regionen wiedereröffnet werden.
Wie Österreich hat auch Dänemark für eine schrittweise Rückkehr in den Alltag das symbolträchtige Osterfest im Blick. Am Ostersonntag sollen zumindest die Kirchen geöffnet werden.
Das zeigt: Von Norden bis Süden denken Länder über den Exit nach. Die starren Massnahmen bringen Wirtschaft und Gesellschaft zum Erliegen, sie gefährden schon jetzt Unternehmen und Existenzen.
So macht es China
Wie also kann der Exit funktionieren? China hat es vorgemacht: Neben der intensiven Forschung an Impfstoffen und heilenden Medikamenten geht es vor allem um den Dreiklang «Test, Track and Trace». Die entsprechenden Instrumente dafür hat das von der Corona-Pandemie erstbetroffene Land während des Lockdowns entwickelt. Nun wird flächendeckend auf das Virus getestet, Verdachtsfälle werden möglichst lückenlos erfasst und isoliert sowie alle Kontakte von Infizierten systematisch dokumentiert. Auch andere Corona-Vorbilder wie Taiwan, Singapur und Südkorea gehen so vor.
Österreich will neben der erweiterten Schutzmaskenpflicht auch Standortdaten auswerten und testen, wer bereits infiziert war und darum als immun gilt. Dennoch: Ausgeschlossen ist ein Rückfall nicht. Auch deswegen die schrittweise Rückkehr zur Normalität und eine ständige «Neuvermessung der Lage», wie Vizekanzler Werner Kogler (58, Grüne) die eingebaute Notbremse nannte. Das sei zwar schmerzhaft, aber notwendig.