Stephan B.* (27) erschoss in Halle (D) zwei Menschen bei seinem Terroranschlag. Dass es nicht deutlich mehr waren, lag an seiner Unfähigkeit. Die Tat hatte er minuziös geplant. Vor über einer Woche beschrieb er in einem Pamphlet detailliert, wie der besagte Mittwoch nach seinen Vorstellungen ablaufen sollte.
Er wusste, wo in der Synagoge Überwachungskameras angebracht waren, wie viele Türen es gab, welche Sicherheitsvorkehrungen. Sogar einen Notfallplan bereitete er vor: «Wenn ich kein Glück habe und keine Tür offen steht, muss ich mir mit Gewalt Zutritt verschaffen», schreibt er. Das klappte bekanntlich nicht.
Der 27-Jährige wollte nichts dem Zufall überlassen, baute sogar seine Waffen selber. Die Plastikhülsen seiner Munition stellte er in einem 3D-Drucker her. Stephan B. schreibt, dass er seine Tat über Monate plante. Und niemand hat etwas bemerkt.
Auf den Zetteln stand «Niete»
Am Tag vor der Tat hilft der Neonazi seiner Mutter mit der Wäsche, schreibt der «Spiegel». Da sie sich an der Hand verletzt hatte, übernahm ihr Sohn das Bügeln. Die Tür zu seinem Zimmer sei stets verschlossen gewesen, sagte sie später den Reportern. Es sei sein Reich gewesen. Verbotene Waffen habe sie dort nicht gesehen. Aber Stephan habe manchmal Sachen gesagt wie: «Der weisse Mann zählt nichts mehr.»
Als die Ermittler das Zimmer durchsuchen, finden sie ausser einer Festplatte nichts Brauchbares. Stephan B. hatte die Durchsuchung wohl vorausgesehen, schreibt das Magazin. An verschiedenen Stellen im Zimmer waren kleine Zettel versteckt – mit der Aufschrift: «Niete!»
Drogen machten einen anderen Menschen aus ihm
Sicherheitsbehörden, Terror-Experten und Politiker versuchen, sich zu erklären, wie ihnen Stephan B. durch die Maschen schlüpfen konnte. Er sei nie auffällig gewesen, geben sie an. Auch seine Bundeswehrakte – B. war Panzergrenadier – sah unauffällig aus. Die Mutter sagt dem «Spiegel», ihr Sohn habe Chemiker werden wollen. Doch das Studium brach er nach wenigen Semestern ab, aus gesundheitlichen Gründen. Ein grosses Blutgerinnsel sei erst in letzter Minute entdeckt worden und habe sofort operiert werden müssen.
Später, als er Anfang zwanzig war, habe er mit Drogen experimentiert – und sei fast gestorben. Danach, wird die Mutter zitiert, sei er ein anderer Mensch gewesen. «Er hatte nichts gegen Juden in dem Sinne. Er hatte was gegen die Leute, die hinter der finanziellen Macht stehen. Wer hat das nicht?», fragt sie im «Spiegel».
Die Spuren der Ermittler führen ins Internet. Stephan B. war in einschlägig bekannten Foren unterwegs. Bei der Liveübertragung seiner Tat schauten fünf Personen zu. Bei der automatischen Wiederholung des Videos auf der Streaming-Plattform waren es 2200. Niemand meldete sich bei der Polizei.
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