Nach Merkel-Telefonat mit Boris Johnson
Brexit-Gespräche stehen auf der Kippe

Bis Freitag erwartet Brüssel einen Brexit-Durchbruch. Doch es sieht nicht gut aus. Auch ein Gespräch mit der deutschen Bundeskanzlerin konnte es nicht richten.
Publiziert: 08.10.2019 um 16:26 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2019 um 16:32 Uhr
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Auch ein Anruf bei der deutschen Kanzlerin brachte kein Licht ins Brexit-Dunkel.
Foto: AFP

Angela Merkel (65) ist für ihre diplomatischen Fähigkeiten bekannt. Doch in der festgefahrenen Brexit-Situation kann wohl nicht mal die deutsche Bundeskanzlerin vermitteln: Nach einem Telefongespräch von Premierminister Boris Johnson (55) mit der deutschen Regierungschefin kam Downing Street am Dienstag zum Schluss, dass eine Einigung «praktisch unmöglich» sei, wie eine britische Regierungsquelle erklärte. 

Keine Einigung in der Nordirland-Frage

Merkel hatte demnach von Johnson Kompromissbereitschaft in der Nordirland-Frage verlangt, ansonsten sei ein Brexit-Abkommen «extrem unwahrscheinlich». EU-Ratspräsident Donald Tusk warf Johnson «ein dummes Schwarzer-Peter-Spiel» vor.

Merkel forderte der Regierungsquelle zufolge, London solle seinen Widerstand gegen einen Verbleib der britischen Provinz Nordirland in der EU-Zollunion aufgeben. Ein Sprecher der deutschen Regierung bestätigte, dass Merkel und Johnson am Morgen telefoniert hätten.

Kernforderung Londons ist jedoch, dass Nordirland nach dem Brexit am 31. Oktober in einer Zollunion mit Grossbritannien bleibt. Kontrollen im Warenhandel mit dem EU-Mitglied Irland sollen aber nicht an der Grenze, sondern «dezentralisiert» über Online-Formulare und Überprüfungen auf Firmengeländen und entlang der Lieferkette erfolgen.

Die EU zweifelt an der Umsetzbarkeit dieses Vorschlags und ist ausserdem dagegen, dass das nordirische Parlament alle vier Jahre entscheiden soll, ob diese Regelung beibehalten wird.

Harsche EU-Kritik an Boris Johnson

EU-Ratspräsident Donald Tusk warf Johnson am Dienstag vor, mit der Zukunft Europas zu spielen. «Es geht um die Zukunft Europas und Grossbritanniens sowie um die Sicherheit und die Interessen unserer Bürger», erklärte Tusk auf Twitter. «Es geht nicht darum, ein dummes Schwarzer-Peter-Spiel zu gewinnen.»

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Bislang gibt es kein spruchreifes Brexit-Abkommen zwischen London und Brüssel für den Austritt Grossbritanniens aus der EU. Brüssel verlangt bis Freitag einen Durchbruch, damit den Mitgliedsstaaten vor dem EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober ein Rechtstext zur Beratung vorgelegt werden kann.

Derzeit beraten die Unterhändler der EU-Kommission und Grossbritanniens intensiv in Brüssel, um den drohenden ungeregelten Brexit noch abzuwenden. Die Gespräche befinden sich EU-Quellen zufolge jedoch erneut in einer Sackgasse.

Sollte sich Johnson weigern, Änderungen am von seiner Regierung vorgelegten Ausstiegsplan vorzunehmen, gebe es kaum Hoffnung auf einen Durchbruch, hiess es am Dienstag in EU-Kreisen in Brüssel.

Johnson will Brexit nach wie vor nicht verschieben

Johnson selbst rechnet einem Medienbericht zufolge mit einem Scheitern der Verhandlungen. In diesem Fall werde er trotz einem kürzlich verabschiedeten Gesetz «alles Mögliche tun», um eine Verschiebung des Brexit zu verhindern, zitierte die Zeitschrift «The Spectator» am Montag eine Regierungsquelle.

Das britische Parlament hatte im September ein Gesetz verabschiedet, das Johnson daran hindern soll, einen EU-Austritt Grossbritanniens ohne Abkommen (No-Deal-Brexit) durchzusetzen. Wenn bis zum 19. Oktober kein Abkommen mit der EU vereinbart ist, muss der Premierminister gemäss dem Gesetz eine dreimonatige Verschiebung des EU-Austritts beantragen. Auf EU-Seite müssten die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 Mitgliedsstaaten einhellig zustimmen.

An dieser Stelle will die britische Regierung der im «Spectator» zitierten Quelle zufolge offenbar ansetzen. Sie werde deutlich machen, dass Länder, die eine Verschiebung ablehnen, bei der künftigen Zusammenarbeit etwa in Sicherheitsfragen bevorzugt würden. Unterstützer müssten sich hingegen «hinten einreihen».

Sollte es dennoch zu einer Verschiebung kommen, werde die Regierung nicht weiter mit der EU verhandeln. Johnson werde sich vielmehr im Falle vorgezogener Parlamentswahlen für einen No-Deal-Brexit einsetzen. (SDA/kin)

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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