Mutter des Rapperswiler Lawinen-Opfers Giorgia G. (22)
«Schatz, halte durch!»

Die Gäste wollten das Hotel verlassen. Doch die Schneeraupe kam nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Doch es gibt auch Hoffnung: Die Retter haben mehrere Menschen lebend geborgen!
Publiziert: 20.01.2017 um 11:23 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:37 Uhr
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Stammt aus Rapperswil: Giorgia G. (22) wollte in Italien mit ihrem Verlobten wellnessen.
Foto: ZVG
Myrte Müller

Sie hätten alle gerettet werden können. Schon Stunden vor dem Lawinenunglück wollte Roberto del Rosso sein Hotel Rigopiano räumen. Der Hotelier rief die Gemeinde an, bat, eine Schneeraupe zu schicken. Doch sein Hilferuf wurde einfach ignoriert. 

Während die Erde bebt und der Schnee in Massen fällt, sitzen die Gäste auf gepackten Koffern. Und warten auf das Räumfahrzeug. Zehn Autos stehen schon in einer Reihe, fertig, um loszufahren, sobald der Weg frei ist.

Unter den Gästen ist auch eine Rapperswilerin mit italienischem Pass. Giorgia G. (22) war am Dienstag mit Freund Vincenzo F. (25) angereist. Das frischverliebte Paar wollte sich ein paar romantische Tage in den Abruzzen gönnen. Doch dann begann die Erde zu beben.

Giorgias letztes SMS: «Sind in drei Meter Schnee gefangen»

Ängstlich schreibt die Studentin ins Handy: «Wir sind in drei Meter Schnee gefangen. Ich habe Angst, dass etwas Schlimmes passiert.»

Ihre Mutter Isa T. postet auf Facebook: «Schatz, halte durch! Du bist eine Kämpfernatur, halte durch.»

Verzweifelter Appell der Mutter auf Facebook.
Foto: Screenshot

Als der Kontakt abbricht, reist sie nach Farindola (I), der nächste Ort zur Unglücksstelle. Zusammen mit den Eltern von Vincenzo wird sie ins Spital von Penne (I) gebracht, wo die Angehörigen der Opfer Beistand finden. Das berichtete Radiogiulianova.net.

Die letzte Nachricht von Giorgia geht um 15.45 Uhr raus. Dann ist der Kontakt unterbrochen. Kurz vor 18 Uhr rutscht der Berg. Gigantische Schnee und Geröll-Massen reissen Bäume mit. Die Lawine macht grosse Teile des Hotels dem Boden gleich.

Retter finden acht Überlebende

Nach vielen Stunden kämpfen sich Rettungsmannschaften ins abgelegene Gebiet am Gran-Sasso-Massiv. Bislang wurden 4 Leichen geborgen. Zwei Menschen überlebten das Drama, weil sie zum Zeitpunkt des Abgangs ausserhalb der Anlage waren. 

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Feuerwehrmänner suchen in der Umgebung des Hotels Rigopiano nach Überlebenden.
Foto: Handout

Anfänglich wurden 29 Personen vermisst. 22 von ihnen waren Hotelgäste, sieben Mitarbeiter des Betriebs.

Heute Morgen dann die erste gute Nachricht: Laut der Zeitung La Stampa wurden im Hotel sechs Überlebende gefunden. Ob Giorgia und ihr Verlobter darunter sind, ist noch nicht bekannt. (Mehr zu den Rettungsarbeiten lesen Sie hier.) Am Abend wurden dann drei weiter Kinder lebend geborgen, wie die Feuerwehr mitteilte.

Die Temperatur sinkt auf fünf Grad minus. Wer nicht von Schnee und Schutt erschlagen wurde, ist jetzt erfroren. Die Hoffnung, Überlebende zu finden schwindet mit jeder Sekunde. Unter den Gästen sind viele Paare, auch Familien mit Kindern: zwei Mädchen (beide 6) und ein Junge (8).

Hätten alle Gäste und Angestellten des Hotels Rigopiano gerettet werden können, wenn rechtzeitig der Schnee geräumt worden wäre? Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung.

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