Geschändet und hingerichtet
Die Wahrheit über Gaddafis Tod

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch legt neue Beweise zum Tod des Diktators vor. Die Rebellen werden als kaltblütige Killer entlarvt.
Publiziert: 17.10.2012 um 20:14 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:18 Uhr

Ein Jahr ist es her, seit die verwackelten Handybilder um die Welt gingen: Muammar Gaddafi, blutüberströmt in den Händen der Rebellen. Dort sei er bereits tot gewesen, verstorben nach einem heftigen Schusswechsel, so die offizielle Version der libyschen Regierung.

Ein heute veröffentlichter Bericht von Human Rights Watch zeichnet ein völlig anderes Bild: Die Aufständischen haben Gaddaffi, seinen Sohn Mutassim und insgesamt 66 Gefolgsleute gefangen genommen und sie dann gezielt exekutiert.

Vor dem Tod gestochen und geschlagen

Der 50-seitige Artikel stützt sich auf Zeugenaussagen sowie Untersuchungen vor Ort und Handyvideos. Diese zeigen: Der Diktator war noch am Leben, als ihn die Aufständischen greifen. Sie schlugen ihn heftig, stachen ihn mit einem Bajonett und verletzten ihn so zusätzlich. Erst später «erscheint er reglos», heisst es im Bericht.

Auch Sohn Mutassim sei nicht wie bisher behauptet bei den Gefechten nahe Sirte gestorben. «Aus den gesammelten Belegen ergibt sich, dass Mutassim Gaddafi ebenfalls lebend  gefangen genommen wurde», schreiben die Verfasser. Er sei in ein Hotel gerbacht und dort hingerichtet worden.

Mindestens 66 Gefolgsleute hingerichtet

Neben der Exekution von Herrscher und Sohn enthüllen die Menschenrechtler einen weiteren Skandal: «Die Beweislage deutet darauf hin, dass Oppositionelle mindestens 66 Mitglieder von Gaddafis Konvoi hingerichtet haben», so Peter Bouckaert, Direktor der Abteilung Krisenregionen bei Human Rights Watch.

Die Getreuen des Diktators wurden gefangen genommen, entwaffnet und dann brutal verprügelt – «auch, als sie sich bereits unter Kontrolle befanden». Anschliessend töteten die Aufständischen ihre Gefangenen im nahegelegenen Hotel Mahari.

«Behörden sind verpflichtet, die Verantwortlichen zu ermitteln.»

Haben die Rebellen tatsächlich 66 Soldaten aus dem Konvoi exekutiert, handelt es sich um ihre grösste Hinrichtung im gesamten Libyenkonflikt. Human Rights Watch verlangt nun eine lückenlose Aufklärung der Geschehnisse vom 20. Oktober 2011: «Die libyschen Behörden sind verpflichtet, gegen die Verantwortlichen von Kriegsverbrechen zu ermitteln.» Ansonsten wird der Internationale Strafgerichtshof eingeschaltet. (gpr)

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