Sie wollten den klaren Sternenhimmel sehen. Deshalb setzten sich acht Kids in den Land Rover Defender. Am Steuer ist ein 24-Jähriger. Die Fahrt ins Abenteuer beginnt mitten in der Nacht. Die Gruppe will auf die Alpe Chastlar. Alle freuen sich auf das Naturspektakel. Was niemand ahnt: Für einige unter ihnen wird der letzte Ausflug sein.
Es ist grad Mitternacht. Der Geländewagen schaukelt über die Schotterstrasse. Es ist finster. Kurz oberhalb der Wallfahrtskirche San Magno, auf 1800 Metern Höhe, folgt eine tückische Linkskurve. Der Land Rover schiesst über sie hinaus, stürzt 100 Meter tief den Abhang herunter.
Die Gruppe im zweiten Auto muss den Todes-Crash mitansehen
Ein weiterer Teil der Gruppe ist mit einem zweiten Auto unterwegs. Sie beobachtet, wie der Geländewagen über die Kante fährt und in der Tiefe verschwindet. Sofort alarmieren die Jungs die Behörden. Das Bild, das sich den Rettungsteams bietet, ist verstörend.
Alle neun Insassen wurden beim Crash aus dem Fahrzeug geschleudert. Die Bergungsmannschaften versuchen verzweifelt, zu reanimieren. Doch für vier Kids und den Fahrer kommt jede Hilfe zu spät. Das jüngste Opfer ist gerade mal elf Jahre alt. Die anderen sind 14, 16 und 17 Jahre alt. Weitere vier Jugendliche werden schwer verletzt mit dem Rettungshubschrauber in die nächstgelegenen Spitäler geflogen.
Die Ausflügler kannten den Weg wie ihre Westentasche
Warum es zu dieser Tragödie kam, muss die Staatsanwaltschaft nun klären. Die jungen Leute, auch Todesfahrer Marco A.* (†24), waren aus der Gegend. Sie kannten den Weg zur Alpe wie ihre Westentasche, da sie oft die Kühe hinauftrieben. Zudem, so rekonstruieren die Ermittler, sei der Land Rover nicht übermässig schnell gefahren und auch Alkohol war nicht im Spiel.
Im 54-Seelen-Ort Castelmagno (I) herrscht grosse Trauer. Vielen Menschen stehen unter Schock. «Wir haben die Hälfte unserer Kinder verloren», sagt der Bürgermeister Alberto Bianco zu «La Stampa». Er erinnert sich, dass erst vor 15 Tagen ein Gruppenbild von allen gemacht wurde. «Es ist schrecklich zu sehen, dass die Hälfte der Kinder auf diesem Bild nicht mehr sind.» Es seien wunderbare junge Leute gewesen, die schon hart arbeiten konnten.
Den Bürgermeister plagen Gewissensbisse. «Ich bin verantwortlich, weil ich den Staat repräsentiere», sagt Bianco weiter, «auch wenn wir als kleine Gemeinde nicht alle 30 Kilometer unserer Strassen in Schuss halten können; ein Warnschild vor dieser Kurve hätte gereicht. Vielleicht wäre die Tragödie nicht passiert.»
*Name der Redaktion bekannt