In der kleinen nordschwedischen Stadt Kiruna herrscht Ausnahmezustand. Thema Nummer eins ist überall der schreckliche Unfall von Samstagfrüh. Bürgermeister Gunnar Selberg (59) sagt zu BLICK: «Bei uns gibts immer wieder Unfälle – auch mit Toten. Aber gerade sechs! So etwas hat man in ganz Schweden noch nie erlebt.»
Bald erwartet man die Ankunft von Angehörigen der Todesopfer. «Wir sind vorbereitet: Ärzte, Pfarrer, Psychologen sind aufgeboten», sagt Gunnar Selberg. Die Behörden würden alles unternehmen, um den Trauernden zu helfen. «Wenn sie die Unglücksstelle sehen wollen, fahren wir sie hin. Wenn sie beten wollen, zeigen wir ihnen, wo sie das ungestört tun können.»
Wo sich die Toten zurzeit befinden, wird nicht bekannt gegeben. Sie sollen aber von der Rechtsmedizin in Umeå untersucht werden. Die Autos sind in eine Garage im 30 Kilometer von der Unfallstelle entfernten kleinen Dorf Vittangi transportiert worden. Der Minibus, in dem die Schweizer sassen, war in der Schweiz immatrikuliert.
Wohin wollten die Schweizer?
Vieles rund um die Hintergründe des Unfalls ist weiterhin unklar, etwa wo die Schweizer untergebracht waren. Möglicherweise kamen sie von Norwegen her über Kiruna. Dass die Gruppe auf dem Rückweg in die Schweiz war, kann sich Selberg aber nicht vorstellen. Zu BLICK sagt er: «Für die Rückreise in den Süden benützt man in der Regel die grosse, direkte E10. Die Strasse, welche die Schweizer befahren haben, nimmt man, wenn man nach Finnland gelangen will.»
Dass die Schweizer nicht die Hauptstrasse benützten, sondern die 395, könnte damit zusammen hängen, dass sie gezwungen waren, einen Umweg einzuschlagen. Emma Lindberg, Chefermittlerin bei der Polizei in Kiruna, zu BLICK: «Die E10 war zum Zeitpunkt des Unfalls wegen den schlechten Wetterverhältnissen geschlossen.»
Die Polizei will noch diese Woche über den Unfallhergang informieren. Emma Lindberg: «Wir haben nun die technischen Auswertungen erhalten und müssen sie analysieren. Zudem müssen wir auch den Lastwagenchauffeur und den verletzten Schweizer nochmals befragen.»
Jetzt brauchts Massnahmen
Am gleichen Ort, wo die Schweizer ums Leben kamen, gab es laut einem Anwohner im letzten halben Jahr sechs Unfälle. Für Kirunas Bürgermeister ist klar: «Solche Dramen dürfen hier nicht mehr passieren. Wir werden das Zentralamt für Verkehrswesen auffordern, umgehend etwas zu unternehmen.»
Passierte der Unfall beim Überholen?
Auf diesem Amt, auf Schwedisch Trafikverket, will man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Lennart Helsing, der schon rund hundert tödliche Unfälle untersucht hat, sagt zu BLICK: «Wir dürfen nicht spekulieren, sondern müssen in aller Seriosität abklären, wie es zum Unfall gekommen ist: Wo genau ist er ausgelöst worden, in welchem Zustand waren die Fahrzeuge, wie ging es den Fahrern gesundheitlich, und in welchem Zustand war die Strasse?»
Seine Erfahrung zeige, dass der erste Eindruck nicht immer den Tatsache entspreche. Helsing fügt bei: «Es gibt auch Stimmen, die sagen, dass der Unfall wegen eines Überholmanövers passierte.»