Kein Wunder in Beirut: Nach drei Tagen Hoffen und Bangen haben Rettungskräfte die Hoffnung aufgegeben, einen weiteren Überlebenden der Explosionskatastrophe zu finden. Unter den Trümmern eines eingestürzten Hauses gebe es «aus technischer Sicht» keine Anzeichen für Leben mehr, sagte der Leiter des chilenischen Rettungsteams «Topos» («Maulwürfe»), Francisco Lermanda, am Samstagabend in der libanesischen Hauptstadt vor Journalisten. Rettungskräfte seien durch einen Tunnel in das Gebäude gestiegen. Es könne ausgeschlossen werden, dass dort jemand sei.
Die fieberhafte Suche nach einem Verschütteten hatte am Donnerstag begonnen - fast einen Monat nach der verheerenden Explosion im Hafen. Die chilenischen Retter entdeckten mit Ortungsgeräten und ihrem Suchhund «Flash» Hinweise auf einen Überlebenden. Sie konnten unter den Trümmern unter anderem mehrfach schwache Atemsignale ausmachen.
Beirut hielt in der Hoffnung auf ein Wunder den Atem an. Stück für Stück räumten die Einsatzkräfte vor allem mit Schaufeln und Händen die Trümmer weg. Weil das Gebäude weiter einzustürzen drohte, kamen sie nur langsam voran. «Wir können keine schweren Geräte benutzen, weil wir einen totalen Zusammenbruch befürchten», sagte der Chef des libanesischen Zivilschutzes, George Abu Musa, im Sender LBCI.
Entdeckte Atmung war vom eigenen Rettungsteam
Allerdings schwand die Hoffnung nach und nach immer mehr, da die Retter keine weiteren Hinweise auf einen Überlebenden finden konnten. Am Abend kletterten zwei Mitglieder des chilenischen Teams durch einen Tunnel in das Innere des Gebäudes, ohne etwas zu entdecken.
Die Ortungsgeräte seien äusserst sensibel und könnten minimale Atmung erkennen, sagte Lermanda. So sei am Vortag eine Ausatmung entdeckt worden. Allerdings habe sich später herausgestellt, dass diese vom eigenen Rettungsteam gestammt habe. Unter den Trümmern könnte noch ein Toter sein, 95 Prozent des Gebäudes seien aber überprüft worden.
Das einst dreistöckige Gebäude mit einer Bar im Erdgeschoss liegt nur wenige Hundert Meter von der Explosionsstelle entfernt. Bei der schweren Detonation stürzten die oberen Stockwerke fast völlig ein.
Beiruts Apokalypse
Bei der Explosionskatastrophe am 4. August waren mindestens 190 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 6000 verletzt worden. Der Hafen und grosse Teile der umliegenden Wohngebiete wurden massiv zerstört. Bis zuletzt wurden nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums noch sieben Menschen vermisst.
Viele Libanesen feierten die chilenischen Retter und ihren Suchhund in den vergangenen Tagen als Helden und kritisierten zugleich die eigene Regierung, weil an der Stelle nicht früher gesucht worden war. Die Trümmer hätten sofort nach der Explosion beseitigt werden müssen, weil das Gebäude stark zerstört worden sei, sagte der beteiligte Ingenieur Assad. «Das Bizarre dieser ganzen Geschichte ist, dass wir einen Hund brauchten, um den Schutt wegzuräumen. Wir haben nichts gemacht. Der Hund hat sich über das ganze System lustig gemacht.» (SDA)