Riesen-Klatsche für Angela Merkel! Bei der Wahl zum Chef der Unionsfraktion musste die deutsche Kanzlerin und CDU-Chefin am Dienstagabend eine schwere Niederlage hinnehmen. Die Abgeordneten von CDU und CSU wählten gegen Merkels Willen ihren engen Vertrauten Volker Kauder (69) ab und den bisherigen Fraktions-Vize Ralph Brinkhaus ins Amt. Für den 50-jährigen Finanz- und Haushaltspolitiker stimmten 125 Parlamentarier, für Kauder 112.
Der Sturz ihres engsten Vertrauten sorgt in Deutschland für Riesenwirbel. Die BILD-Zeitung bezeichnet Merkels Pleite als «bittersten Tag ihrer Kanzlerschaft». Die «ZEIT» titelt «Angriff auf die Macht» und die «FAZ» kommentiert nüchtern: «Es geht zu Ende.»
FDP und Linken: Merkel soll Vertrauensfrage stellen
Doch nicht nur viele Zeitungen sehen die Kauder-Abwahl als Anfang vom Ende für Merkel. Auch Politiker äusserten sich in diese Richtung. Der stellvertretende Bundestagspräsident Thomas Oppermann (SPD) twitterte: «Das ist ein Aufstand gegen Merkel». CSU-Politiker Hans Michelbach erklärte: «Die Fraktion hat mehr Lust auf Teilhabe und eine Stärkung der Regierungsarbeit.» Die Wahl von Brinkhaus sei ein Zeichen «für einen neuen Aufbruch».
Als Konsequenz müsse Merkel nun die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Auch die Linkspartei schloss sich dieser Forderung an. «Das war eine Abstimmung gegen Angela Merkel», sagte die Co-Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht. Nach der Wahl sei klar, «dass die Gefahr relativ gering ist, dass wir noch drei Jahre mit einer handlungsunfähigen grossen Koalition unter Angela Merkel rechnen müssen.»
Merkel räumt Niederlage ein
Die Kanzlerin selbst räumte noch am Dienstagabend ihre Pleite ein: «Das ist eine Stunde der Demokratie, in der gibt es auch Niederlagen, und da gibt es nichts zu beschönigen.» Merkel sicherte Brinkhaus ihre Unterstützung zu. Sie wolle, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erfolgreich weiterarbeite. «Und deshalb werde ich Ralph Brinkhaus, wo immer ich das kann, auch unterstützen.»
GROKO, Chemnitz und Maasen: Die Gründe für die Klatsche
Doch wie kam es so weit, dass sich selbst Merkels eigene Fraktion gegen sie stellt? Einer der Hauptgründe dürften die gescheiterten Koalitions-Verhandlungen mit FDP und Grünen sein. Um als Notlösung die SPD ins Boot zu kriegen, musste Merkels CDU im Stile eines Kuhhandels mehrere wichtige Kabinettsposten abtreten. Etwas, was Parteikollegen der Kanlzerin überhaupt nicht gefiel.
Ein anderer Grund ist in der jüngeren Vergangenheit zu finden. Merkel sprach bei den rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz vorschnell von «Hetzjagden», was sich im nachhinein als nicht erwiesen herausstellte. Verfassungsschutzchef Maasen, der die «Hetzjagden» erstmals Mitte September anzweifelte, liess Merkel fallen. Auch dies passte vielen CDU-Politikern nicht.
Wie es jetzt in Deutschland weitergeht, werden die nächsten Stunden und Tage zeigen. Zur geforderten Vertrauensfrage der FDP und Linken hat sich Merkel noch nicht geäussert. (nim/SDA)