Justiz-Skandal um kanadischen Regierungschef
Superman Justin Trudeau steckt im Sumpf

Weltoffen und cool – so präsentierte sich Kanadas Premier als Gegenentwurf zu Donald Trump. Doch seine Ex-Justizministerin erhebt schwere Vorwürfe gegen Justin Trudeau.
Publiziert: 01.03.2019 um 16:25 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2019 um 10:30 Uhr
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Trudeaus Ex-Justizministerin Jody Wilson-Raybold wirft ihm vor, durch politischen Druck die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet zu haben.
Foto: AFP

Lange war Justin Trudeau (47) der Liebling der Weltgemeinschaft. Das ist vorbei: Ein Justiz-Skandal rüttelt am Superman-Image des kanadischen Premierministers.

Seine ehemalige Justizministerin Jody Wilson-Raybould wirft ihm vor, durch politischen Druck die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet zu haben. Trudeau und seine Mitarbeiter hätten sie monatelang unter Druck gesetzt, in einem Korruptionsverfahren zugunsten des kanadischen Baukonzerns SNC-Lavalin zu intervenieren.

Sie verlor ihren Posten 

Ihre Weigerung, sich beeinflussen zu lassen, habe Trudeau nicht akzeptiert. Sie sei Drohungen ausgesetzt gewesen und hätte schliesslich ihren Platz in der Regierung räumen müssen. 

Die Vorwürfe, die Wilson-Raybould am Mittwoch vor dem Parlament in Ottawa das erste Mal so ausführlich äusserte, wiegen schwer. Die kanadische Tageszeitung «Globe and Mail» hatte als erste darüber berichtet.

Trudeau soll die Ministerin persönlich bedrängt haben

Der Fall ist brisant: SNC-Lavalin, der Baukonzern, hat seinen Hauptsitz in Montreal. Dort liegt auch Trudeaus Wahlkreis. Bereits seit Jahren steht die Baufirma unter Korruptionsverdacht. Anfang des Jahrtausend soll sie Beamte in Libyen bestochen haben, um Aufträge an Land zu ziehen. In Kanada wird deswegen ermittelt.

Trudeau wollte offenbar einen öffentlichen Prozess vermeiden. Laut seiner Ex-Ministerin drängte er sie in einem persönlichen Gespräch auf eine aussergerichtliche Einigung. Die Gründe: Sorgen um die Arbeitsplätze in seiner Heimatprovinz Québec und die damals bevorstehenden Wahlen in der Provinz.

Opposition: «Moralische Autorität verloren»

Die Opposition forderte nach dem Auftritt von Jody Wilson-Raybould umgehend Trudeaus Rücktritt. «Justin Trudeau hat die moralische Autorität zu regieren verloren und muss zurücktreten», twitterte Oppositionschef Andrew Scheer. «Die Bundesbehörden müssen ausserdem sofort eine Untersuchung zu der Justizbeeinflussung durch Mister Trudeau einleiten. Kanada sollte ein Land sein, in dem vor dem Gesetz alle gleich sind.»

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Trudeau wies die durch seine Ex-Ministerin erhobenen Vorwürfe zurück. Lediglich Sorgen um Arbeitsplätze in seinem Wahlkreis räumte er ein. Doch der Skandal befleckt nicht nur seine vermeintlich weisse Weste. Wenig erfreut über den Vorfall sind auch die Ureinwohner Kanadas: Trudeaus geschasste Ministerin war das einzige Regierungsmitglied indigener Abstammung.

Zudem steht sein Image als selbst erklärter Feminist auf dem Spiel. Wie die «NZZ» berichtet, nehmen ihm kanadische Frauen die Entlassung seiner Ministerin übel. Bei der neusten Umfrage des angesehenen Angus-Reid-Instituts sind Trudeaus Liberale mittlerweile auf 31 Prozent abgestürzt, während die Konservativen zurzeit bei 38 Prozent liegen. (kin)

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