Während in einigen Katastrophengebieten im Westen und Zentrum des Landes die Menschen begannen, ihr mit Schlamm überzogenes Hab und Gut zu sichten, waren andere Ortschaften noch überschwemmt.
Bislang seien 103 Todesopfer gezählt worden, teilte die Regierung mit. Wegen der vielen Vermissten drohe diese Zahl weiter zu steigen. Der öffentlich-rechtliche Sender NHK berichtete am Abend (Ortszeit) von 125 Todesopfern und 61 Vermissten.
Ende vergangener Woche hatten heftige Regenfälle im Westen und Zentrum Japans schwere Überschwemmungen und Erdrutsche verursacht. Viele Einwohner mussten sich auf die Dächer ihrer Häuser retten.
Ein Soldat in Kumano sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Zeit für die Rettung weiterer Menschen werde knapp. «Es ist möglich, dass Überlebende gefunden werden, aber je mehr Tage vergehen, desto unwahrscheinlicher wird es.»
Erdrutsch-Gefahr trotz weniger Regen
Am Montagmorgen liessen die Regenfälle in den am schwersten getroffenen Gebieten vorerst nach. Dort waren ganze Orte überschwemmt oder von Erdrutschen getroffen worden. Der Wetterdienst senkte die Alarmstufe für die betroffenen Gegenden zunächst, warnte aber vor der Gefahr weiterer Erdrutsche durch den vom Regen aufweichten Boden.
Rettungskräfte konnten am Montag einige Orte erreichen, die zuvor von der Aussenwelt abgeschnitten waren. Dort machten sie sich ein Bild von den Schäden und suchten nach weiteren Todesopfern.
In Kumano waren Soldaten und andere Einsatzkräfte mit Baggern und Kettensägen im Einsatz, um zerstörte Autos und Haustrümmer zu beseitigen und die Stümpfe umgeknickter Bäume zu entfernen.
«Auf das Schlimmste gefasst»
Der 38-jährige Kosuke Kiyohara suchte in Kumano nach seiner Schwester und deren zwei Söhnen. Ihr Haus war durch einen Erdrutsch zur Seite gekippt und zerstört worden. «Ich habe meine Familie aufgefordert, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen», sagte Kiyohara mit Blick auf das Schicksal seiner Schwester und seiner Neffen.
In der benachbarten Präfektur Okayama suchten Rettungskräfte weiter mit Hubschraubern nach Überlebenden in den Flutgebieten. Das Hochwasser gehe aber schrittweise zurück, sagte eine Sprecherin der örtlichen Katastrophenschutzbehörde.
Viele Katastrophenopfer wurden in schlichten Notunterkünften untergebracht oder blieben in ihren oftmals beschädigten Häusern ohne Strom und fliessendes Wasser. Dies entwickele sich auch wegen der Hitze zu einem Problem, erklärten die Behörden.
Insgesamt fünf Millionen Einwohner waren wegen der Unwetter aufgerufen worden, ihre Häuser zu verlassen. Viele weigerten sich aber. Auch der 69-jährige Eiichi Tsuiki wollte lieber in seinem Haus in Saka bleiben. Er überlebte das Hochwasser, indem er ins oberste Stockwerk flüchtete. «Ich lebe hier seit 40 Jahren», sagte er. «Ich habe so etwas noch nie erlebt.»
Regierungssprecher Yoshihide Suga sagte, dass in den Katastrophengebieten 73'000 Polizisten, Feuerwehrleute und Soldaten sowie 700 Hubschrauber im Einsatz seien.
Regierungschef Shinzo Abe sagte seine geplante Reise nach Belgien, Frankreich, Saudi-Arabien und Ägypten ab. Der EU-Japan-Gipfel, bei dem am Mittwoch in Brüssel beide Seiten ihr gemeinsames Freihandelsabkommen unterzeichnen wollten, wurde daher auf den 17. Juli in Tokio verschoben. (SDA)