Ist das der Weg zum Frieden?
Syrien soll aufgeteilt werden – wie damals Deutschland

Amerikanische Forscher schlagen vor, in Syrien verschiedene Kontrollzonen einzurichten. Je ein Stück ginge an Russland, die USA, die Türkei und an Oppositionelle.
Publiziert: 11.04.2017 um 23:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:42 Uhr
Die russische Armee sucht im zerbombten Aleppo nach Minen.
Foto: KEY
Guido Felder

Der Krieg in Syrien dauert schon seit 2011. 400’000 Menschen wurden getötet, gegen zwölf Millionen Syrer sind auf der Flucht. Ein Ende des Elends ist nicht in Sicht.

Die dem US-Verteidigungsministerium nahestehende Rand Corporation glaubt nun, eine Lösung für die Beilegung des Konflikts gefunden zu haben. Die amerikanische Denkfabrik schlägt vor, Syrien in Kontrollzonen aufzuteilen – ähnlich wie sich die Siegermächte Sowjetunion, die USA, Grossbritannien und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland aufgeteilt hatten.

Im Einsatz gegen den IS: Kämpfer der Freien Syrischen Armee.
Foto: AFP

Die Rand Corporation fordert eine Dezentralisierung Syriens in folgende Kontrollzonen

♦ Das Gebiet von der Westküste bis nach Deir ez-Zor unter Ausschluss von Rakka sollen die Regierung in Damaskus und die Russen kontrollieren.

♦ Das 2016 von der Türkei im Rahmen der Operation Schutzschild Euphrat befreite Gebiet und die Provinz Idlib würden unter türkischer Kontrolle stehen.

♦ Das südliche Gebiet in Daraa – an der Grenze zu Israel – würde ebenfalls von einer von der Rand Corporation nicht näher beschriebenen Opposition kontrolliert.

♦ Ein Grossteil Nordsyriens würden die Syrisch Demokratischen Kräfte, die aus Kurdenmilizen bestehen und von den USA geführt werden, kontrollieren.

♦ Die noch vom IS besetzten Öl-Zentren Rakka und Deir ez-Zor sollen unter eine internationale Administration gestellt werden.

Neue Flüchtlingswellen befürchtet

Die Auswirkungen einer Teilung hat bereits die deutsche Bundesakademie für Sicherheitspolitik untersucht. In einem Arbeitspapier warnt sie: Eine homogene Aufteilung der Bevölkerung Syriens sei nicht möglich, es würde zu neuen Flüchtlingswellen kommen.

Laut dem Papier könnte eine Aufteilung auch als Präzedenzfall für andere politische Probleme wahrgenommen werden und weitere Sezessionsbestrebungen nachsichziehen. Die Kurden, der Irak, der Libanon, Jemen, Libyen und auch schiitisch geprägte Regionen im Golf wären versucht, ein politisches Problem territorial zu lösen. Eine langfristige Stabilisierung sei mit einer Teilung nicht zu erreichen.

Vergeltung für den Giftgas-Angriff: Am 7. April feuerten die Amerikaner Tomahawks auf einen syrischen Militärflugplatz.
Foto: imago/ZUMA Press

 «Teilung in vollem Gang»

Einzelne Beobachter gehen aber davon aus, dass die Teilung in Syrien schon in vollem Gange ist. Bis zu 20 US-Panzer seien aus Jordanien nach Syrien verlegt worden, um prowestliche Oppositionsgruppen aus der Einkesselung von islamistischen Kämpfern zu retten. Das berichtet die russische «Nesawissimaja Gazeta».

In der Moskauer Zeitung wird der russische Orientalist und Militärexperte Anatoli Nesmijan zitiert: «Im Süden Syriens wird anscheinend eine Operation zur Bildung einer Pufferzone durchgeführt, die unter Jordaniens Kontrolle gestellt wird – analog zur Pufferzone im Norden des Landes, die ohne Ankündigung der Türkei zugeordnet wurde.» Für Nesmijan steht fest: «Die Teilung Syriens ist in vollem Gange.»

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