Mehrere Erdbeben haben am Samstag den Balkanstaat Albanien erschüttert. Nach Medienberichten wurden Dutzende Menschen verletzt. Das heftigste Beben hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 5,6 und ereignete sich kurz nach 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit.
BLICK-Leserreporter Keerat D.* ist gerade auf einer Shoppingtour im Toptani Center in Tirana, als die Erde plötzlich anfängt zu beben. «Es hat sich angefühlt, als würde das Gebäude in sich zusammenbrechen», sagt der 23-jährige Schweizer aus Rorbas ZH zu BLICK.
«Einige Menschen haben geweint»
Sofort rennt er aus dem sechsten Stock die Treppe runter in Richtung Ausgang. «Ich hatte grosse Angst», sagt er. Seinen Angaben nach war das Erdbeben rund 40 Sekunden lang zu spüren. Alle Leute seien gerannt. «Es herrschte Panik.» Verletzte hat der Zürcher jedoch keine gesehen. «Einige Menschen haben aber geweint», sagt er. Zehn Minuten später folgte ein Nachbeben.
Auf der Strasse herrschte «eine Riesenaufregung». Zusammen mit seinem Kumpel sei er dann gleich weiter ins Stadtzentrum und von dort aus in Richtung seiner gemieteten Ferienwohnung. «Das Einkaufszentrum blieb, so weit ich das gesehen habe, unversehrt, andere zahlreiche Gebäude haben aber Risse. Viele Leute trauen sich nicht, irgendwo reinzugehen und sitzen immer noch im Freien», erzählt D.
Wandkacheln liegen am Boden
In der Wohnung erwartet die beiden Männer die nächste Überraschung. «Im Badezimmer haben sich durch das Erdbeben Wandkacheln gelöst und sind am Boden zerschmettert. Überall liegen Scherben rum», sagt er.
Der Vermieter habe den beiden zwar angeboten, die letzte Nacht vor ihrem Nachhauseflug in einer anderen Unterkunft zu bleiben, doch Keerat D. und sein Begleiter haben abgelehnt. «Wir werden jetzt schon zum Flughafen fahren und dort übernachten. In der Wohnung fühlen wir uns unsicher.»
Prompt kommt es in der Nacht auf Sonntag zu weiteren Nachbeben. Kurz nach Mitternacht zitterte die Erde erneut und versetzte die Bevölkerung in Angst. «Es war deutlich zu spüren. Die Beine haben vibriert – doch nicht so schlimm wie am Nachmittag», so Keerat D. Heute Sonntag um 10 Uhr geht sein Flieger nach Zürich.
Über 100 Verletzte
Das Zentrum des Bebens am Samstag lag sechs Kilometer nördlich der Hafenstadt Durrës in einer Tiefe von zehn Kilometern. Wenige Minuten später kam es laut USGS in derselben Region, die westlich der albanischen Hauptstadt Tirana liegt, zu einem weiteren Beben der Stärke 5,1. Gegen 18.10 Uhr folgte den Angaben zufolge ein Beben der Stärke 4,7.
Nach Informationen der albanischen Rundfunkanstalt RTSH kamen mindestens 108 Verletzte in Krankenhäuser, von denen zahlreiche stationär behandelt wurden. Nach Darstellung der Nachrichtenseite «Shqiptarja.com» waren unter den Verletzten viele Minderjährige mit Kopf- und Gliederverletzungen.
Die Erdstösse waren auch in den Nachbarländern Montenegro und Nordmazedonien zu spüren, wie es in Medienberichten aus den beiden Ländern hiess.
Starkes Nachbeben in der Nacht
Ein heftiges Nachbeben der Stärke 4,8 hat Albanien in der Nacht zum Sonntag erschüttert und unter der Bevölkerung neue Ängste geschürt. Allerdings gab es zunächst keine Berichte über neue Opfer in den albanischen Medien.
Das Zentrum des stärksten Bebens der Stärke 5,8 lag beim Kap Rodon nördlich der Hafenstadt Durrës und in der Hauptstadt Tirana. Fotos zeigten starke Gebäudeschäden – etwa an der Geologie-Fakultät in Tirana. Herabgefallene Steine und andere Trümmerteile zerstörten dort Autos. An einem anderen Gebäude in Tirana war ein vertikaler Riss über mehrere Etagen zu erkennen. (man/SDA/kes/hah)
*Name geändert