Hier kam die Schweizerin zwischen Boot und Brücke
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Tödliches Drama auf Hausboot:Hier kam die Schweizerin zwischen Boot und Brücke

Zürcherin (†42) in Jesolo (I) erdrückt – Ehemann versuchte, Hausboot zu stoppen
«Er legte noch den Rückwärtsgang ein»

Drama um eine Schweizer Familie in Italien: Marilyn F.* (†42) aus dem Kanton Zürich starb, als sie versuchte, die Kollision ihres Hausboots mit einer Zugbrücke zu verhindern.
Publiziert: 02.05.2019 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2019 um 11:43 Uhr
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Marilyn F.* (42) aus Zürich wollte mit blossen Händen verhindern, dass ihr gemietetes Hausboot gegen eine nicht geöffnete Zugbrücke stiess. Dabei geriet sie zwischen Boot und Brücke.
Foto: Facebook
Myrte Müller

Eine Zürcher Familie mietet sich ein Hausboot im Hinterland von Jesolo (I). Der Prospekt verspricht erholsame Ferien auf dem Fluss Sile. Und es braucht noch nicht einmal einen Führerschein. Am Montagnachmittag wollen Marilyn F.* (†42) aus dem Kanton Zürich, ihr Ehemann und ihre beiden Kinder (10 und 13) übers sumpfige Delta in die Lagune von Venedig schippern. Was als romantische Flussfahrt beginnt, endet jedoch in einer Tragödie. 

Es ist 15.30 Uhr. Das Hausboot hat gerade die erste Zugbrücke passiert, da treibt es auf die zweite zu. Doch diese hat sich noch nicht geöffnet. Das Schiff dreht sich auf die Seite und treibt auf die Brücke zu. Es droht eine unweigerliche Kollision.

Zürcherin versucht mit blossen Händen, das Hausboot zu stoppen

Marilyn F. gerät in Panik. Sie versucht, mit blossen Händen den Aufprall zu verhindern, gerät dabei zwischen Boot und Brücke. Vor den Augen ihrer schreienden Kindern wird die Frau regelrecht zerquetscht. Sie stirbt auf der Stelle. Als die Feuerwehr eintrifft, kann sie nur noch den Leichnam bergen.

Der Ehemann kann erst am Mittwochmorgen befragt werden. Laut «Il Gazzettino» sagt er den Ermittlern: «Die Strömung schob das Hausboot nach vorne. Ich habe den Rückwärtsgang eingelegt und versucht, das Boot aufzuhalten. Doch es hat nichts genützt.» Der 41-Jährige stand nicht das erste Mal am Ruder: Er habe Erfahrung mit Hausbooten, da er auch schon früher welche gelenkt habe, sagte der Ehemann weiter dem Staatsanwalt.

Anwältin Paola Nardini (58) hat die Verteidigung des Ehemannes übernommen. Sie bringt auch eine mögliche Verantwortung des Hausboot-Besitzers ins Spiel, wie sie zu BLICK sagt. «Mein Mandant hat erklärt, dass er den Rückwärtsgang einlegte, um das Boot aufzuhalten. Das Boot sei aber dennoch weitergefahren. Es muss nun geklärt werden, ob das Hausboot technisch in Ordnung oder vielleicht defekt war.»

«Der Mann stand unter Schock»

Ein Feuerwehrmann, der bei der Bergung dabei war, ist erschüttert über das Drama. Er sagt zu BLICK: «Die Kinder mussten alles mit ansehen. Sie weinten, als wir kamen. Der Mann stand unter Schock.» Die Frau habe sich wohl vorgebeugt, um irgendwie den Aufprall des Bootes gegen die Brücke zu verhindern.

Der Feuerwehrmann vermutet, dass die Strömung dazu beitrug, dass die Familie das Hausboot nicht in den Griff bekam. «Wir hatten viel Regen, vor allem in den Bergen. Die Strömung war recht stark.» Noch zu klären ist, warum der Ehemann nicht das Boot an einen Anleger lenkte, es dort vertaute, bis die Brücke ganz geöffnet war.

Der Abstand zwischen der ersten Zugbrücke, dem Ponte della Vittorio und der zweiten, Ponte San Giovanni, liegt bei 200 Metern. Es braucht etwa fünf Minuten bis der Brückenmeister von der einen zu anderen Brücke – eine Fussgänger -und Velobrücke – gelangt und die zweite öffnen kann.

Wer ist schuld am Unglück?

Die italienische Staatsanwaltschaft muss nun klären, wie es zu diesem verheerenden Unfall kam. Ersten Erkenntnissen zufolge sollte die zweite Zugbrücke, der Ponte San Giovanni, nach Zeitplan geöffnet werden. Der Sprecher der Gemeinde von Jesolo, Pierpaolo Biral, sagt zu BLICK: «Das Hausboot hatte vor der ersten Brücke vorschriftsmässig gehalten und gewartet, bis der Ponte della Vittorio sich hob. Während die Brücke sich noch senkte, ist das Boot weitergefahren. Jetzt muss geklärt werden, warum es nicht noch einmal gehalten hat, um abzuwarten, bis sich auch die zweite Brücke hob.»

Der Aufprall sei jedenfalls nicht heftig gewesen. Denn das Hausboot habe keine nennenswerten Schäden davongetragen. Das mache den Unfall besonders tragisch.

Der Ehemann musste eine Blut- und Urinprobe abgeben. Gegen ihn soll laut italienischen Medien wegen fahrlässiger Tötung ermittelt werden. Das EDA bestätigt gegenüber BLICK, dass eine Schweizer Staatsangehörige in der Provinz Venedig (I) tödlich verunglückt ist. Das zuständige Schweizerische Generalkonsulat in Mailand stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden und den Angehörigen.

*Name geändert

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