Aufruhr im Vatikan. Ein hoher Würdenträger wirft Papst Franziskus (81) Vertuschung eines Missbrauchsskandals vor – und fordert dessen Rücktritt! Erzbischof Carlo Maria Viganò (77), ehemals Vatikan-Botschafter in Washington, erklärt in einem elfseitigen Schreiben, er habe die Kirchenoberen bereits 2006 und 2008 über die Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick (88), informiert.
Wie aus dem Schreiben weiter hervorgeht, soll Franziskus' Vorgänger Papst Benedikt XVI. McCarrick sogar bestraft haben. Franziskus jedoch habe die Sanktionen gegen den Kardinal aufgehoben. Obendrein habe er ihn zu einem Vertrauten und einem seiner engsten Berater für die Beziehungen zur US-Regierung gemacht.
Papst will keine Stellung nehmen
In der Nacht auf Montag hat Franziskus sich geweigert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. «Ich werde darüber kein Wort verlieren», sagte Franziskus an einer Pressekonferenz. Er vertraue den Journalisten, das Dokument selber zu beurteilen.
McCarrick wird vorgeworfen, in den 1970er-Jahren einen minderjährigen Buben sexuell missbraucht zu haben. US-Medien haben diesen Sommer darüber berichtet. Der Geistliche habe seine Macht als Bischof und Erzbischof systematisch zur sexuellen Ausbeutung ihm untergebener Seminaristen und Priesteranwärter ausgenutzt.
Vorwürfe «glaubwürdig»
Eine von der US-Kirche veranlasste unabhängige Untersuchung kam zum Schluss, dass die Vorwürfe «glaubwürdig und begründet» seien. Dies führte schliesslich im vergangenen Juli dazu, dass Papst Franziskus McCarrick aus dem Kardinalskollegium ausschloss, ihm jede öffentliche Tätigkeit untersagte und ihn unter Hausarrest stellte. McCarrick selbst beteuert seine Unschuld.
Vertuschen, befördern – und erst auf öffentlichen Druck hin die nötigen Konsequenzen ziehen. Wenn die Vorwürfe von Erzbischof Viganò stimmen, macht Franziskus eine schlechte Figur: Am Sonntag hat der Papst in Irland um Vergebung für den hundertfachen sexuellen Missbrauch an Kindern durch katholische Geistliche in Irland gebeten.
Viganò fordert in seinem Schreiben, der Papst solle «seine Fehler anerkennen» und «den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel geben, die McCarrick's Missbrauch vertuscht haben, und mit ihnen gemeinsam zurücktreten».