Vor einer Woche hatten die Flammen die Stadt Fort McMurray in der kanadischen Provinz Alberta überrollt. Alle 88’000 Bewohner mussten den Ort verlassen. Sie wurden in Autokonvois aus der Gefahrenzone geführt. Polizisten kontrollierten, dass niemand mehr in sein Haus zurückkehrte, um Wertsachen zu retten.
Die Brände treffen das Herz der kanadischen Ölindustrie. In Fort McMurray wird rund die Hälfte des heimischen Schieferöls gefördert. Zu den grossen Abnehmern des Öls gehören die Chinesen.
Fort McMurray wird auch Fort McMoney genannt, weil hier viele das schnelle, grosse Geld machten. Der Boom der Stadt hatte in den 1970er-Jahren begonnen, als die Regierung auf die Schieferöl-Förderung in der Region setzte.
In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Bevölkerung von 38’000 auf 88’000 angewachsen, die Grundstückpreise sind in der gleichen Zeit bis um das Vierzigfache gestiegen. Vor allem gut ausgebildete Ingenieure zogen zu.
Transportunternehmer Kevin Lewis (55) sagt in der «New York Times»: «Fort McMurray ist der einzige Ort, wo man innert zehn Jahren genug Geld für den Ruhestand auf die Seite legen kann.» Lewis wurde in einem Evakuierungszentrum in Lac La Biche untergebracht. Er besitzt nur noch seinen Lieferwagen, sein Portemonnaie sowie die Kleider, die er trägt. Alles andere wurde ein Raub der Flammen.
Die Stadt war Ende des 19. Jahrhunderts ein Ort des Pelzhandels. Als die Ölförderung begann, wurden in aller Eile hässliche Gebäude hingestellt.
Doch der Zenit ist erreicht. Seit dem Ölpreis-Zerfall verblasst der Glanz von Fort McMurray. Seit 2014 wurden Tausende Jobs gestrichen. Die Leute ziehen wieder weg, von den einst vielen Nachtclubs ist nur noch einer offen.
Der Grossbrand, der zurzeit wütet, hat aus der einstigen Boom-Stadt ein Ort der Verzweiflung gemacht. (gf)