In den USA wählt das Volk seinen Präsidenten nur indirekt: Das letzte Wort hat das «Electoral College», die Wahlmänner und Wahlfrauen, die am 19. Dezember ihre Stimme abgeben und die Wahl somit offiziell machen.
Eigentlich sind sie verpflichtet, für den Kandidaten zu stimmen, der in ihrem Bundesstaat das Volksmehr geholt hat.
Eigentlich. Nun hat der erste republikanische Wahlmann angekündigt, Donald Trump die Stimme zu verweigern.
«Die Wahlmänner haben das Recht und die verfassungsmässige Pflicht, nach ihrem Gewissen abzustimmen», begründet Christopher Suprun aus Texas seine Entscheidung in der «New York Times». Er halte den Kandidaten Trump für ungeeignet und werde die Stimme einem «ehrenhaften und qualifizierten» Republikaner wie etwa John Kasich von Ohio geben.
Bei der Wahl am 8. November hat der Republikaner Donald Trump 290 Wahlmänner-Stimmen bekommen, für einen Sieg sind 270 nötig. Hillary Clinton holte nur 232 Wahlmänner-Stimmen. In Pennsylvania, Wisconsin und Michigan sind Nachzählungen im Gang, jedoch kann Clinton so kaum eine Mehrheit gewinnen.
Die «Hamilton Electors» wollen den Aufstand
Vor Suprun haben bereits sieben Elektoren angekündigt, gegen das Votum ihres Bundesstaates zu stimmen. Es sind jedoch alles Demokraten. Sie wollen ihrem Staat, der Clinton gewonnen hat, aus Protest für einen moderaten Republikaner stimmen und hoffen, republikanische Wahlmänner tun es ihnen gleich.
Die Gruppe nennt sich die «Hamilton Electors» und bezieht sich auf Alexander Hamilton, einer der Gründerväter der USA. Dieser schrieb in einer Erklär-Schrift zur Verfassung, dass es die moralische Pflicht des «Electoral College» sei, einen unqualifizierten Präsidenten zu verhindern.
Abweichungen gibt es jedoch äusserst selten. 1912 kam es das letzte Mal vor, dass sich mehr als ein Wahlmann nicht an das Votum seines Staates hielt. Der Grund war der Tod des Vize-Kandidaten James S. Sherman.
«Er treibt einen Keil zwischen uns»
Der abtrünnige Republikaner Suprun ist Sanitäter aus Dallas und war am 11. September 2001 als Feuerwehrmann beim Pentagon im Einsatz. Er schreibt: «George W. Bush ist kein perfekter Mann, aber er hat uns durch die tragischen Tage nach den Angriffen geführt.»
Das sei das letzte Mal gewesen, als Suprun das Land als geeint wahrgenommen habe. «Trump bringt Amerika nicht zusammen, er treibt einen Keil zwischen uns.»
Suprun beendet seinen Text mit dem Satz: «Fifteen years ago, I swore an oath to defend my country and Constitution against all enemies, foreign and domestic. On Dec. 19, I will do it again.»– Vor fünfzehn Jahren habe ich einen Eid geschworen, mein Land und meine Verfassung gegen alle Feinde zu verteidigen. Am 19. Dezember werde ich es wieder tun.
Nun ruft Suprun die anderen Elektoren auf: «Ich bete, dass sie ihren Job machen und mit mir zusammen herausfinden, wer die geeignete Person ist.» (rey)