«Breitet sich das Virus aus, haben wir hier eine Katastrophe»
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Erster Corona-Fall auf Lesbos
«Breitet sich das Virus aus, haben wir hier eine Katastrophe»

Das Coronavirus hat Lesbos erreicht. Inselbewohner befürchten die Ausbreitung.
Publiziert: 11.03.2020 um 13:35 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2020 um 12:30 Uhr
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Auf der griechischen Insel Lesbos leben 20'000 Flüchtlinge im Camp Moria.
Foto: imago
Fabienne Kinzelmann

Das Virus kam per Flugzeug. Eine Israelreise soll schuld sein, dass sich eine 40 Jahre alte Frau auf Lesbos mit Covid-19 infiziert hat. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sie weiter als Verkäuferin in einem Supermarkt. Erst als sie sich nach ein paar Tagen schlecht fühlte, ging sie zum Arzt. Am Montagmittag bestätigten die Behörden den ersten Corona-Fall auf der griechischen Insel.

Seither herrscht Angst. «Corona allein ist schon ein grosses Problem», sagte Michalis Aivaliotis, Lehrer und Gründer des lokalen Flüchtlingsprojekts «Stand by Me Lesvos», zur Zeitung «Die Welt». «Aber wir auf Lesbos haben jetzt zwei Probleme: Corona – und die Menschen in Moria. Wenn sich das Virus ausbreitet, haben wir hier eine Katastrophe.»

Helfer sind im Dauer-Krisenmodus

Denn in Moria, dem grössten Flüchtlingslager Europas, leben 20'000 Menschen – auf engstem Raum und unter widrigsten hygienischen Umständen. Es ist dreckig, der Müll türmt sich, es gibt von allem zu wenig: Platz, Essen, Toiletten. Krankheiten können sich hier nahezu ungehindert ausbreiten.

Die medizinischen Helfer sind im Dauer-Krisenmodus. «Corona beschäftigt uns noch nicht», sagte noch am Samstag eine irische Krankenschwester zu BLICK. Sie arbeitet als Freiwillige in einer ehrenamtlichen Klinik, die bis zu 130 Patienten pro Tag versorgt. «Wir müssen erstmal die Meningitis-Welle in den Griff bekommen.» Die gefährliche Hirnhautentzündung grassierte unter den Asylsuchenden.

Griechische Regierung hat Schulen geschlossen

Der erste Corona-Fall macht Behörden und Helfer nervös. Infektionsketten einzudämmen ist in Moria eine nahezu unmögliche Aufgabe. Nur 5'000 der Geflüchteten leben überhaupt im offiziellen Camp. Die dreifache Anzahl an Menschen campiert im Olivenhain drumherum. Angriffe auf Hilfsorganisationen haben die Arbeit der Freiwilligen zudem stark eingeschränkt.

Ein weiteres Problem: Informationen über das Coronavirus und wie man sich davor schützen kann, erreichen die vielen Menschen kaum. Die Hilfsorganisation «Stand by Me Lesvos» hat darum einen Informationsservice auf Farsi und Griechisch gestartet.

Hoffnung kommt vom Festland. Die griechische Regierung hat alle Schulen und Bildungseinrichtungen für 14 Tage geschlossen. Das gilt entsprechend auch für Lesbos – wo man hofft, dass das Virus das überfüllte Flüchtlingscamp gar nicht erst erreicht.

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