Hunderte Schaulustige strecken ihre Köpfe gegen den Himmel: Ein blau-weisser Riesenvogel ist im Anflug auf Zürich. Es ist die Air Force One, das Flugzeug des US-Präsidenten. Nach dem Touchdown in Zürich-Kloten steigt Donald Trump aus der Maschine, hebt kurz seine rechte Hand und geht dann mit bedachten Schritten die Treppe runter, rein in die bereitstehende Limousine. Ein BLICK-Leserreporter hält den historischen Moment am 25. Januar 2018 in einem Video fest.
In diesem Januar geht die Trump-Mania in der Schweiz von vorne los. Der US-Präsident besucht zum zweiten Mal in Folge das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Das kündigte seine Sprecherin Sarah Sanders am Dienstag in Washington an. Und Trump nimmt die grossen Namen seiner Regierung in den Schweizer Winter mit: Finanzminister Steven Mnuchin, Aussenminister Mike Pompeo, Handelsminister Wilbur Ross, Transportministerin Elaine Chao und Trumps Tochter Ivanka sowie ihr Mann Jared Kushner begleiten ihn.
Anti-Trump-Demo, Buhrufe und hohe Kosten
Trumps zweiter Besuch en suite ist bemerkenswert: Seine Vorgänger im Weissen Haus, Barack Obama und George W. Bush, haben sich am WEF nie blicken lassen. Bill Clinton war im Jahr 2000 der letzte US-Präsident in Davos, der nicht Donald Trump hiess.
Die Anwesenheit von Trump im Januar 2018 sorgte für grosses Aufsehen: Eine Anti-Trump-Demo in Zürich im Vorfeld des WEFs schaffte es auf die Titelseite der «New York Times», der einflussreichsten Zeitung der Welt. Weitere Aktivisten protestierten mit einem 60 Meter langen Transparent an einer Felswand bei Sargans SG gegen die Abschottungspolitik von Trump. Und als er dann seine überraschend nüchternen Rede vor der globalen Elite hielt, waren aus dem Publikum vereinzelte Buhrufe zu hören.
Nach seinem 24-Stunden-Besuch sorgten vor allem die hohen Kosten, die der US-Steuerzahler für Trumps Ausflug ins Landwassertal an Schweizer Firmen blechen musste, für Gesprächsstoff. BLICK wertete im Nachgang des WEFs die 110 Verträge aus, die öffentlich einsehbar sind. Insgesamt schlug der Besuch des US-Präsidenten mit 5,3 Millionen Franken zu Buche. Gleich mehrfach in den Kassabüchern der US-Regierung: das Intercontinental Hotel in Davos, besser bekannt als «Goldenes Ei». Die Besitzerin des Hotels, die Weriwald AG, konnte sich Aufträge in der Höhe von mindestens 270'000 Franken schnappen. Ob Trump auch im Januar 2019 wieder im Intercontinental übernachten wird, ist noch nicht bekannt.
«Er will wohl Skifahren»
Doch warum kommt mit Donald Trump gerade jener US-Präsident zweimal in Folge ans Weltwirtschaftsforum, der mit seiner «America first»-Politik bei der globalen Elite auf wenig Gegenliebe stösst? BLICK hat bei Politikwissenschaftlern in den USA nachgefragt. Viele von ihnen sind ratlos: «Um ehrlich zu sein, ich kann mir seinen erneuten Besuch in Davos nicht erklären», sagt der renommierte Politologe T. J. Pempel von der Universität von Kalifornien und witzelt: «Er will wohl Skifahren um vom Stress in Washington Distanz gewinnen.»
Dass es im Januar für Trump in Washington ungemütlich werden kann, ist hingegen bitterer ernst. Der neue Kongress wird zu Beginn des Monats erstmals zusammenkommen – und die Demokraten werden dann die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellen. Und es ist davon auszugehen, dass die designierte «House»-Sprecherin Nancy Pelosi und ihre Partei mit Untersuchungen Druck auf Trump ausüben werden. «Er geht wohl deshalb in die Schweiz, um den medialen Fokus von den sich anbahnenden Untersuchungen nach Davos zu verschieben», erklärt Peter Gourevitch, Politikwissenschaftler an der Universität von San Diego.
«Trump kann der Kerl sein, der die Party zerstört»
Ein weiterer Grund nennt Matthew Schmidt, Politologe von der «University of New Haven». Er sagt zu BLICK: «Davos repräsentiert die Elite der Elite. Das Davoser Publikum ist anspruchsvoll, hochgebildet und stilsicher. Doch Trump ist nur ein reicher zweiter Klasse und sehnt sich danach, Teil der Elite zu sein.» Ein Paradoxon, denn eigentlich will sich der US-Präsident von der Elite distanzieren, weil diese bei seinen Wählern so verpönt ist. «Als Präsident kann er Davos als Ort nutzen, um die Idee der Elite medienwirksam zu beleidigen», so Schmidt.
Das sei auch der Grund, warum Obama das WEF gemieden habe, erklärt der US-Politologe. «Für ihn war die Optik in Davos schlecht, weil sie nur die Idee bestätigte, dass er Teil der gebildeten, stilvollen Elite sei.» Trump hingegen werde sich aufgrund seiner Reputation nie mit dieser Kritik konfrontiert sehen. «Er kann der Kerl sein, der in Davos die Party zerstört und die Gastgeber beleidigt. Das ist ist eine perfekte politische Gelegenheit für ihn, denn das WEF kann ihn weder als US-Präsidenten leugnen noch können sie ihn daran hindern, Trump zu sein.»
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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Vom 21. bis 24. Januar findet wieder das World Economic Forum (WEF) in Davos statt. Rund 2500 internationale Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft treffen sich zum Austausch.
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