In Deutschland ist zwei Wochen nach dem gewaltsamen Tod des nordhessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke ein dringend Tatverdächtiger gefasst worden.
Der 45-Jährige Stephan E. wurde am frühen Samstagmorgen durch Spezialeinheiten der Polizei in Kassel festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft und die Sonderkommission der Polizei am Sonntag mitteilten. Berichten zufolge stammt der Mann womöglich aus der rechtsextremen Szene.
Der deutsche Generalbundesanwalt übernahm am Montag die Ermittlungen. Nach dem bisherigen Erkenntnisstand liegen zureichende Anhaltspunkte für einen rechtsextremen Hintergrund der Tat vor. Sie ergeben sich insbesondere aus dem Vorleben des Beschuldigten und seinen öffentlich geäusserten politischen Ansichten, teilt der Generalbundesanwalt mit.
DNA-Spuren gefunden
Die Festnahme des Verdächtigen erfolgte aufgrund eines «DNA-Spurentreffers», wie die Staatsanwaltschaft und die Sonderkommission der Polizei am Sonntag mitteilten. Die Mordkommission soll nach «Bild»-Informationen DNA-Spuren an der Kleidung des Regierungspräsidenten gefunden haben. Es habe daraufhin einen Treffer in der DNA-Analyse-Datei gegeben, die beim Bundeskriminalamt (BKA) liegt.
Der Tatverdächtige Stephan E. wurde am Sonntagnachmittag dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht Kassel vorgeführt. Aufgrund der Indizienlage wurde Untersuchungshaftbefehl gegen ihn erlassen, erklärten die Ermittlungsbehörden. Weitere Informationen zur Festnahme des Mannes und zum Stand der Ermittlungen wollen Polizei und Staatsanwaltschaft kommenden Woche bekannt gegeben.
Kontakte zu Hitler-Verehrern
Berichten zufolge soll der 45-Jährige zumindest früher Kontakte ins rechtsextremistische Milieu unterhalten haben. Der «Spiegel» berichtet von Kontakten zur Fascho-Gruppe «Combat 18» – die Zahl steht für den Namen Adolf Hitler.
Unklar sei jedoch, ob er auch heute noch in der Szene aktiv sei, berichten unter anderem die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» und die «Süddeutsche Zeitung». Auch die «Bild»-Zeitung berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise über mögliche Verbindungen zur rechtsextremen Szene.
Lübcke am 2. Juni erschossen
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. Laut Obduktion wurde der 65-Jährige mit einer Kurzwaffe aus nächster Nähe erschossen. Im Zuge der Ermittlungen war vor gut einer Woche ein Mann an einer Urlauberfähre in Ostfriesland vorübergehend festgenommen worden. Seine Befragung ergab aber keine Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung. Er wurde daraufhin freigelassen.
Die Ermittler stellten klar, dass es sich bei dem am Samstag gefassten Tatverdächtigen nicht um den im Bereich des Fähranlegers in Harlesiel in Gewahrsam genommenen Mann handele.
Rechte Politiker reagieren mit Schadenfreude
Vergangenen Donnerstag hatte es eine Trauerfeier für Lübcke in der Martinskirche in Kassel gegeben, bei der Polizei und Bundeswehr eine Ehrenwache hielten.
Auf scharfe Kritik stiessen pietätlose rechte Reaktionen in sozialen Netzwerken auf Lübckes Tod. Rechte Akteure hatten seinen Tod teils mit Häme und Schadenfreude kommentiert.
Als Regierungspräsident war Lübcke im Jahr 2015 auch für die Einrichtung von Erstaufnahmelagern für Flüchtlinge in seinem Regierungsbezirk zuständig. Auf Anfeindungen bei einer Bürgerversammlung sagte er einmal, es lohne sich, in Deutschland zu leben und für die hiesigen Werte einzutreten. «Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen – das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.» (SDA)