In den USA, das von einer Coronavirus-Welle überrollt wird, gibt es auch Stimmen, die eine «Bestrafung» von China fordern, dem Ursprungsland des Virus. Der republikanische Senator Tom Cotton (42) aus Arkansas gelobte letzte Woche, China für das Virus zu «bestrafen». Die USA würden «gestärkt aus dieser Herausforderung hervorgehen, wenn wir diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die der Welt das Virus zugefügt haben», so der Senator.
US-Präsident Donald Trump (73), dem das Virus-Pandemie das Wahlkampfjahr auf den Kopf stellt, ging noch nicht soweit, China für die Krise zu beschuldigen. Diese Woche gab sich Trump vergleichsweise diplomatisch vor Journalisten: «Ich weiss nicht, ob man sagen kann, China sei schuld. Sicherlich sind wir nicht früh genug gewarnt worden. Es wäre hilfreich gewesen», so Trump, «wenn wir früher davon gewusst hätten.»
Doch eines lässt sich Trump - zum Zorn von China - nicht verbieten: den Erreger «China-Virus» zu nennen. Als ein Reporter bemerkte, dass es in den letzten Wochen wegen des Virus zu Dutzenden von rassistischen Angriffen auf chinesische Amerikaner gekommen sei, doppelte Trump nach, der Begriff sei «überhaupt nicht rassistisch, nein. Überhaupt nicht», so Trump. «Es kommt aus China.»
Virus «made in USA»?
Das will China nicht gelten lassen. Inzwischen stellt Pekings Staatspropaganda sogar den Ursprung des Virus in Frage. Chinesische Diplomaten, staatliche Medien und Beamte behaupten, dass Covid-19 aus den USA stammen könnte.
Diese abstruse Theorie gewann in den letzten Wochen an Boden, nachdem ein angesehener chinesischer Epidemiologe, Zhong Nanshan, auf einer Pressekonferenz am 27. Februar beiläufig sagte, dass das Virus, obwohl es zuerst in China auftauchte, «möglicherweise nicht aus China stammt». Dies, obschon es chinesische Wissenschaftler waren, die den Ausbruch in China auf einen Markt in Wuhan zurückgeführt und Hinweise dafür gefunden hatten, dass das Coronavirus von Fledermäusen oder Gürteltieren stammen könnte.
Prompt griffen chinesische Diplomaten, staatlichen Medien und Beamten die These auf. Aus dem Pekinger Aussenministeriums verlautete, ohne irgendwelche Beweise vorzulegen, dass das US-Militär das Virus nach Wuhan gebracht haben könnte, in das Epizentrum des Ausbruchs.
Chinesische Propagandamaschine
Aussenamtsprecher Zhao Lijian warf den USA zudem mangelnde Transparenz vor: «Wann wurde Patient Null in den USA festgestellt? Wie viele Menschen sind infiziert? Was sind die Namen der Krankenhäuser?», sagte der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums. «Es könnte die US-Armee sein, die die Epidemie nach Wuhan gebracht hat. Seien Sie transparent! Machen Sie Ihre Daten öffentlich! Die USA schulden uns eine Erklärung!»
Auf Twitter postete der Aussenamtsprecher der Grossmacht China einen Artikel zum Thema: «Chinas Coronavirus: Ein schockierendes Update. Ist der Virus in den USA entstanden?» Dazu die erstaunten Worte des hohen staatlichen Influencers, damit der Beitrag möglichst viel angeklickt wird: «Das ist so erstaunlich, dass es viele Dinge geändert hat, an die ich früher geglaubt hatte.»
Lehrstücke in Sachen Desinformation
Auch Chinas Botschafter in Südafrika zweifelte in einem Tweet an, dass das Virus «made in China» sei. Es folgte ein Leitartikel der staatlichen Nachrichtenagentur «Xinhua», der sich ebenfalls auf den Epidemiologen Zhong berief: «Die Epidemie wurde zuerst in China gemeldet, aber das bedeutet nicht, dass sie notwendigerweise von China ausging. Die WHO hat mehrfach gesagt, dass Covid-19 ein globales Phänomen ist, dessen Ursprung noch nicht geklärt ist.»
China will nicht als das Land in die Geschichte eingehen, das der Welt eine Krise von grossem Leid und nie dagewesenen Dimensionen verursacht hat. Die Führung in Peking will Zweifel daran säen, dass die Pandemie in China ihren Anfang nahm. «Peking entzieht sich erfolgreich der Schuld für seine Rolle bei der Verbreitung des Coronavirus», schreibt die angesehene «The Atlantic».
China liefert derzeit Lehrstücke in Sachen Desinformation. Ausgerechnet US-Präsident Donald Trump lässt sich vom autoritären Regime nicht beeindrucken: «Es kommt aus China», wiederholte Trump . (kes)