Es ist etwas mehr als ein Jahr her, als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein Amtskollege Donald Trump (72) auf beste Freunde machten. Bei ihrem ersten Treffen Mitte Mai 2017 in Washington priesen beide die «guten Gespräche» an. Erdogan bezeichnete das Verhältnis zu den USA gar als «hervorragend».
Nette Worte, die 15 Monate später Schnee von gestern sind! In den vergangenen Wochen haben sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern – und den Präsidenten – rapide verschlechtert. Am Freitag ist der Streit nun eskaliert. BLICK beantwortet die drängendsten Fragen zur Türkei-Krise:
Was ist am Freitag passiert?
Trump teilte am Vormittag (Ortszeit) auf Twitter mit, dass er die Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der Türkei auf 20 respektive 50 Prozent verdoppelt habe. Als Grund nannte er die türkische Währung: Der Kurs der Lira ist seit Tagen turbulent und drücke auf «unseren starken US-Dollar», schrieb Trump. Er beendete seinen Tweet mit einer Feststellung: «Unsere Beziehungen zur Türkei sind derzeit nicht gut!»
Die Börse reagierte heftig: Die türkische Lira brach gegenüber dem Dollar um 19 Prozent ein.
Wie hat Erdogan reagiert?
Der türkische Präsident hat die US-Strafzölle wohl schon am Donnerstagabend kommen sehen. In einer Rede in seinem Heimatbezirk Rize stellte er die Türkei als Opfer dar. Gegen «unser Land» würden «verschiedene Kampagnen» geführt. «Beachtet sie nicht», wies Erdogan seine Zuhörer an. Er sagte weiter: «Denken Sie daran: Sie haben den Dollar, wir haben Allah.»
Am Freitag reagierte Erdogan auf Trumps Ankündigung mit einem Gastbeitrag in der «New York Times». Sollte die US-Regierung die Souveränität der Türkei nicht respektieren, «dann könnte unsere Partnerschaft in Gefahr sein». Seine Regierung würde sich dann nach «neuen Freunden und Verbündeten umsehen», schrieb der türkische Staatschef. Konkreter wurde Erdogan nicht. Bei der Alternativlösung zur USA dürfte es sich um Russland handeln.
Nicht ganz so selbstbewusst gibt sich der türkische Handelsminister Ruhsar Pekcan (60). Er machte vor Trump gar den Kniefall: «Wiederholte Bemühungen, der US-Regierung klarzumachen, dass keines der für die Zollerhöhungen genannten Kriterien auf die Türkei zutrifft, blieben fruchtlos. Wir flehen Präsident Trump an, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.»
Wie ist es soweit gekommen?
Die USA stört sich an der Verhaftung des US-Pastor Andrew Brunson durch türkische Behörden. Kurz nach dem Putschversuch 2016 in der Türkei wurde der Geistliche festgenommen. Brunson steht zurzeit unter Hausarrest. Gegen ihn wurden Terrorvorwürfe erhoben.
Die US-Regierung um Trump forderte in der Vergangenheit mehrfach seine Freilassung. «Wir sehen keine Beweise dafür, dass Pastor Brunson irgendetwas falsch gemacht hat», sagte die Sprecherin des Weissen Hauses, Sarah Sanders.
Als Gegenmassnahme hat die US-Regierung Anfang August Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt. Die Vermögen von Justizminister Abdulhamit Gül und Innenminister Süleyman Soylu wurden in den USA eingefroren. Ausserdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen abschliessen.
Ankara seinerseits protestiert seit Monaten dagegen, dass sich der Prediger Fethullah Gülen in den Vereinigten Staaten befindet. Erdogan verdächtigt Gülen, den Putschversuch von 2016 initiiert zu haben.
Was sind die Folgen für die Türkei?
Der dramatische Absturz der türkischen Lira setzt die Börsianer in Alarmbereitschaft. Der Banken-Crash droht. Die amerikanische «Financial Times» berichtete am Freitag, dass sich Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) die Verbindungen europäischer Geldhäuser zur Türkei ansehen.
Die Türkei stecke in «grossen Schwierigkeiten», sagt Carsten Hesse, Chef-Ökonom der Berenberg Bank zur deutschen «BILD». «Nach einem kreditgetriebenen Boom weisen der Anstieg der Inflation und der dramatische Währungsverfall in 2018 darauf hin, dass das Land nun Gefahr läuft, auf eine Pleite zuzusteuern.»
Welche Auswirkungen hat die Krise auf Türkei-Ferien für Schweizer?
Sonnenbaden an der türkischen Riviera wird für Schweizer noch günstiger. Wer demnächst in die Türkei fliegt, wird sich Stand jetzt rund 20 Prozent mehr leisten können als noch am Donnerstag.