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Deep Web schockt Italiens Eltern
Teenager bestellten Folterungen von Kindern im Internet

Es ist das Grausigste, das Cyber-Ermittler je erlebten: In Italien wurden zwei 17-Jährige festgenommen, die Folterungen, Vergewaltigungen, sogar Zerstückelungen von Kindern im Netz live verfolgten. Gegen Bitcoins konnten sie sich die Gräueltaten wünschen.
Publiziert: 16.07.2020 um 18:00 Uhr
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Die Darstellung von Gewalt gegen Kinder ist besonders im sogenannten Deep oder Dark Web zu finden. Nur mit grosser Mühe erhalten Ermittler Zugang zu dieser Unterwelt im Netz, in der es keine Grenzen gibt.
Foto: Keystone
Myrte Müller

Es ist kein Horror-Film. Und es findet nicht in irgendeiner kranken Phantasie statt. Es geschieht live und landet in so manchem italienischen Jugendzimmer. Da werden Kinder, mitunter auch im Vorschulalter, gefoltert, vergewaltigt und auf grausame Weise getötet. Die Webcam läuft mit. Wer den Zugang in diese Unterwelt hat und mit der Kryptowährung Bitcoin bezahlt, darf zuschauen. Und mehr. Er darf sich Gräueltaten wünschen.

Das ganze passiert im Deep Web, auf Seiten, die nicht über Google zu finden sind. Dort, wo sich am Gesetz vorbei die düstersten Abgründe auftun. Die Verbrechen finden offenbar in irgendwelchen Verliesen und Kellern in Südostasien statt. Gesendet werden die extremen Gewalttaten übers Internet in die ganze Welt.

Besorgte Mutter brachte Ermittlung ins Rollen

Es sind Abgründe, in die eben auch neugierige Kids stürzen und mitunter selber zu Monstern werden. Eine Frau aus Lucca (I) hatte auf dem Handy ihres 15-jährigen Sohnes harte Kinderpornografie gefunden und es den Carabinieri gemeldet. Das war im Oktober 2019. Seitdem ermittelt die Polizei von Florenz (I). Mit der «Operation Delirio» öffnet Staatsanwalt Antonio Sangermano die Büchse der Pandora.

Pisa, Cesena, Ferrara, Reggio Emilia, Ancona, Neapel, Mailand, Pavia, Varese, Lecce, Rom, Potenza, Vicenza – überall stossen die Beamten auf blutrünstige Dateien. Sie beschlagnahmen Smartphones und Computer. Ihre Besitzer sind meist minderjährig. 25 Jugendliche werden verhaftet und befragt. Die Jüngsten sind gerade 13 Jahre alt.

17-Jähriger führte Horror-Chat mit Namen «The Shoah Party»

Anfang der Woche gelingt in Siena (I) ein Durchbruch. Zwei 17-jährige Piemonteser werden verhaftet. Ein junger Mann, eine junge Frau. Handys, Festplatten, USB-Sticks – alles wird beschlagnahmt und untersucht. Es kommt heraus: Der Bursche führte einen grausigen Chat mit dem Namen «The Shoah Party». Über Whatsapp verschickte er Videos mit Suiziden, Zerstückelungen und Enthauptungen an Altersgenossen. Gewalttaten oft in einer Kulisse mit Nazi-Symbolen.

So erfahren die Ermittler von sogenannten «Red Rooms», wo Folterungen von Kindern live im Netz mitlaufen. Der Bub erzählt im Chat seiner gleichaltrigen Freundin, dass er gegen Bitcoins sogar bestimmte Praktiken, Hinrichtungen und die Amputation eines Armes bestellen konnte. Die Teenager werden wegen Haltung und Verbreitung von Kinderpornografie sowie Anstiftung zu Verbrechen angeklagt.

Eltern weltweit und ganz besonders in Italien kommen nicht zur Ruhe. Vor zwei Jahren forderte ein Psycho-Spiel, die sogenannte Blue Whale Challenge, im Netz Kids zum Selbstmord auf (BLICK berichtete). Dann tauchte Jonathan Galindo auf. Als Grusel-Goofy geistert er durchs italienische Netz und verführt Kinder zum Ritzen. Jetzt der Horror im Deep Web. Staatsanwalt Antonio Sangermano appelliert dringend an alle Eltern: «Wacht über die Handys eurer Kinder. Sie sind das Röntgenbild ihrer Seelen».

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