Für Carola Rackete besteht kein Zweifel daran, dass es richtig ist, was sie tut. «Wenn uns nicht die Gerichte freisprechen, dann die Geschichtsbücher», sagte die 31-jährige Kapitänin des Rettungsschiffs Sea-Watch 3 noch Mitte der Woche im Interview mit dem «Spiegel».
Jetzt, wenige Tage später, sitzt Rackete in Haft. Unmittelbar nach der Ankunft des Schiffs mit insgesamt 40 Flüchtlingen an Bord wurde die Deutsche auf Lampedusa festgenommen. So, wie es der italienische Innenminister Matteo Salvini (46) angedroht hatte. Geht es nach ihm, hat die aufsehenerregende Aktion von Rackete bald ein juristisches Nachspiel.
Salvini: Sea-Watch 3 ist ein «Piratenschiff»
Für Salvini ist das Boot mit den Geflüchteten schon seit Tagen Chefsache. Für ihn geht es auch darum, bei der Wählerschaft das Gesicht nicht zu verlieren. Deshalb nimmt er in der Angelegenheit auch kein Blatt vor den Mund. Die Sea-Watch 3 nennt Salvini ein «Piratenschiff». Für Rackete fordert er schon jetzt Knast und für ihre «Komplizen» ebenfalls harte Strafen. Und tatsächlich drohen zumindest der Kapitänin jetzt mehrere Anklagen in Italien.
Im Zentrum steht der Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Nachdem Rackete am 12. Juni vor der Küste Libyens insgesamt 53 in Seenot geratene Flüchtlinge auf ihr Schiff genommen hatte und sich weigerte, die Menschen zurück nach Nordafrika zu bringen. Im Bürgerkriegsland Libyen sei es für die Geflüchteten nicht sicher, so Racketes Argumentation. Stattdessen wollte sie mit der Sea-Watch 3 einen europäischen Hafen ansteuern.
Rackete wird auch Ungehorsam und Gefährdung vorgeworfen
Eine Bestrafung droht der Kapitänin auch wegen Ungehorsams gegen ein Schiff der italienischen Marine, welches die Sea-Watch 3 am Eindringen in italienische Gewässer hindern wollte. Zudem wird ein gefährliches Manöver zwischen Racketes Schiff und einem Polizeiboot in der Nacht auf Samstag untersucht. In diesem Fall würde der verantwortlichen Kapitänin Gefährdung vorgeworfen.
Wird Rackete verurteilt, könnte sie zu einer mehrjährigen Haftstrafe verdonnert werden. Doch so weit ist es noch nicht.
«Dann sitzt sie im nächsten Flieger nach Berlin»
Schon jetzt sind vor allem in Deutschland Sammel-Aktionen angelaufen, die Geld für die Prozesskosten und die zu erwartende Busse von bis zu 50'000 Euro auftreiben sollen. Wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet, kamen so innerhalb weniger Stunden schon über 200'000 Euro zusammen.
Bis Montag steht Carola Rackete nun vorerst unter Arrest. Bis die Ermittlungen abgeschlossen sind, kann es noch dauern. Doch auch für den Fall, dass es trotz der Ereignisse der letzten Tage nicht für eine Anklage reichen sollte, hat sich der Innenminister schon ein paar markige Worte zurechtgelegt. «Kommt es nicht zum Prozess, liegt der Ausweisungsbefehl schon bereit und die Kapitänin sitzt im nächsten Flieger nach Berlin.»