Brexit-Party in London
«Wir sind drin - aber ohne Feuerwerk», titelte die britische Zeitung «Guardian» am 1. Januar 1973 zum mit wenig Euphorie begangenen Eintritt der Briten in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - den Vorläufer der heutigen EU. «Wir sind draussen - und wieder ohne Feuerwerk», könnte sie am 1. Februar 2020 titeln.
Denn die grosse Brexit-Party, die Nigel Farage, Chef der Brexit-Partei, seinen Anhängern versprochen hat, wird zwangsweise ohne grossen Knall auskommen müssen. Er habe keine Erlaubnis für Raketen oder anderes Knallzeug bekommen, musste Farage einräumen.
Die Organisatoren der Party auf dem Parlamentsvorplatz in Westminster versprechen den tausenden erwarteten Besuchern dennoch «Spass, Lieder und viele Überraschungen».
Regierung hält sich zurück
Farage kündigte auch grosse Redner an - der britische Premierminister Boris Johnson wird allerdings höchstwahrscheinlich nicht darunter sein. Es wird erwartet, dass der Ober-Brexiteer und seine Kabinettskollegen von allzu grossen Triumph-Signalen Abstand halten, um die vielen Brexit-Gegner im Land nicht zu verärgern.
Die Regierung will nur den Parlamentsvorplatz mit dem Union Jack beflaggen und eine Uhr an die Hauswand des Regierungssitzes Downing Street Nr. 10 projizieren, die den Countdown zum Brexit markiert.
Was macht eigentlich Johnson?
Johnson selbst wird am Donnerstag mit seinem Kabinett zu einer Sondersitzung im Norden Englands zusammenkommen, wo er bei der Parlamentswahl Mitte Dezember überraschend zahlreiche Wahlkreise erobern konnte. Abends wird er sich Medienberichten zufolge in einer Fernsehansprache an seine Landsleute wenden, in der er zur Einheit aufruft.
Glockenspiel aus dem Lautsprecher
Viele Brexit-Befürworter fordern, dass die berühmte Parlaments-Glocke Big Ben am Donnerstag um 24.00 Uhr (23.00 Uhr Ortszeit) die neue Ära einläuten soll. Das Problem: Der Elizabeth-Turm, wie er offiziell heisst, wird derzeit renoviert, und die tonnenschwere Glocke ist ohne Schlagwerk. Die Kosten für das Anbringen des Schlagwerks und die Verzögerung der Bauarbeiten werden auf 600'000 Euro geschätzt.
Johnson will aus Furcht vor der öffentlichen Meinung kein Steuergeld dafür ausgeben und hat deshalb eine Crowdfunding-Kampagne vorgeschlagen, die auch schnell hunderttausende Pfund an Spenden einsammelte. Die Parlamentsverwaltung sperrt sich dennoch gegen den aus ihrer Sicht zu grossen Aufwand, so dass Farage wohl mit einer Aufnahme des berühmten Läutens aus Lautsprechern vorlieb nehmen muss.
Banner-Streit bei Dover
Streit gibt es auch um die berühmten weissen Klippen bei Dover, dem wichtigsten Hafen von Grossbritannien nach Festland-Europa. Der scheidende Europa-Abgeordnete der EU-freundlichen Liberaldemokraten, Antony Hook, will dort ein 150 Quadratmeter grosses Banner aufhängen mit dem Schriftzug: «We still love Europe» («Wir lieben Europa immer noch»). Er hat bereits mehr als 10'000 Pfund an Spenden dafür eingesammelt.
Der konservativen Parlamentsabgeordneten Natalie Elphicke gefällt das gar nicht. Sie will stattdessen ein grosses «We love the UK»-Banner («Wir lieben das Vereinigte Königreich») aufhängen.
Reisende müssen sich übrigens vorerst keine Sorgen machen - sie können die Grenzübergänge in Dover und anderswo an Häfen, Bahnhöfen und Flughäfen auch nach dem 31. Januar allein mit Personalausweis und ohne Visum überqueren. Denn bis Ende des Jahres gelten in Grossbritannien übergangsweise weiterhin EU-Regeln.
Brexit-Gedenkmünzen endlich mit richtigem Datum
Bereits zweimal hatte das britische Finanzministerium spezielle Münzen zum Gedenken an den Austritt Grossbritanniens aus der EU angekündigt - und etwa eine Million Geldstücke nach den Verschiebungen des Austrittsdatums jedes Mal wieder einschmelzen müssen.
Nun sind die 50-Penny-Münzen fertig - dieses Mal mit korrektem Datum. Die Münzen tragen die Aufschrift «Frieden, Wohlstand und Freundschaft mit allen Nationen». «Die Europäische Union zu verlassen ist ein Wendepunkt in unserer Geschichte und diese Münze markiert den Beginn eines neuen Kapitels», sagte Finanzminister Sajid Javid dazu. Ab dem 31. Januar an sollen etwa drei Millionen Münzen in den Umlauf kommen, im Laufe des Jahres dann nochmals sieben Millionen. (SDA)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.