Mickaël H*. (†45) attackierte am Donnerstag fünf Polizisten in Paris. Vier von ihnen haben nicht überlebt – drei Männer (zwei im Alter von 38 Jahren und ein 50-Jähriger) und eine 39-jährige Frau. Eine weitere Polizistin liegt schwer verletzt im Spital.
Der Mann, der selber bei der Polizei angestellt war, ging mit einem Küchenmesser auf seine Kollegen los. Einer der Polizisten konnte den Angreifer am Ende erschiessen.
Zur Bluttat kam es kurz vor 13 Uhr am Hauptsitz der Pariser Polizei auf der Île de la Cité, in der Nähe von Notre-Dame. Laut dem Nachrichtensender BFMTV erstach der Angreifer zwei Personen in ihren Büros, eine Person auf der Treppe und die vierte im Hof des Gebäudes. Dort konnte der Angreifer erschossen werden.
Täter war tauber IT-Fachmann
Seine muslimische Frau Iham, mit der er seit 2014 verheiratet ist, wurde in Gewahrsam genommen. Laut «AFP» hat H. vor 18 Monaten ebenfalls zum Islam konvertiert.
Der Täter war seit seiner Kindheit taub. Seine Frau ist schwerhörig. Mithilfe eines Gebärdensprachdolmetschers gab sie zu Protokoll, dass ihr Gatte in der Nacht vor der Attacke «Stimmen gehört» und eine «Demenzkrise» erlitten hatte, schreibt BFM TV.
Über das Motiv des 45-Jährigen ist bisher nichts bekannt. Der Verwaltungsmitarbeiter war seit 2003 in der nachrichtendienstlichen Abteilung der Polizei, die unter anderem für den Kampf gegen Extremisten zuständig ist, tätig. Dort war er für Computer zuständig.
Negativ aufgefallen sei der Mann nie, sagt der französische Innenminister Christophe Castaner. Die Ermittler gehen Hinweisen nach, wonach es einen Konflikt zwischen dem Täter und Kollegen gegeben habe.
Laut Informationen von BFM TV soll der vorbildliche Mitarbeiter frustriert gewesen sein, weil er «in der Hierarchie nicht weiter nach oben klettern konnte».
Keine Hinweise auf Radikalisierung
Die Durchsuchung der Wohnung des Täters in Gonesse, nordöstlich von Paris, brachte nach Angaben der Ermittler keine Hinweise auf eine Radikalisierung. Sein Computer wird noch ausgewertet. Gegenüber Radio France Info sagt ein Polizei-Gewerkschafter, der den Angreifer gekannt haben will: «Ich denke nicht, dass es ein Terrorakt war.»
«Viele Menschen weinten»
Ein Dolmetscher, der sich zur Tatzeit im Gebäude befand, wird von der Zeitung «Le Parisien» zitiert: «Ich hörte einen Schuss, es muss gegen 12.30 Uhr gewesen sein. Um mich herum waren nur Polizisten. Sie alle zogen sofort ihre Waffen. Ich dachte zuerst, es sei Selbstmord, weil das im Moment oft vorkommt. Und dann, ein paar Augenblicke später, sah ich weinende Polizistinnen. Ich sagte mir, es muss was Schlimmes sein. Die Polizei geriet in Panik, überall rannten Leute herum. Viele weinten.»
«Le Parisien» konnte auch mit einen Mitarbeiter des Polizeipräsidiums sprechen: «Wir wurden telefonisch informiert, dass im Erdgeschoss eine Person erschossen wurde. Wir wurden gebeten, uns einzuschliessen», schildert der Befragte die ersten Minuten nach dem Attentat. «Wir hatten überhaupt keine Informationen, ausser jene aus den Medien. Die Stimmung war sehr, sehr bedrückt. Die Kollegen waren gestresst und in Angst.»
Der Angriff ereignete sich einen Tag nach einem «Wutmarsch» tausender Polizisten für bessere Arbeitsbedingungen. Die französische Polizei gilt als chronisch überlastet. Seit 2015 machte ihr die Serie islamistischer Anschläge in Frankreich mit mehr als 240 Toten zu schaffen. Seit dem vergangenen Herbst stieg der Druck durch Gewalt am Rande von «Gelbwesten»-Protesten. (man/vof)
*Name der Redaktion bekannt