Gut 1000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Bundeskanzleramt in Berlin und der Downing Street 10 in London. Den Regierungschefinnen in beiden Gebäuden stehen nach viel Kritik durch die Öffentlichkeit Schicksalstage bevor: Angela Merkel gibt beim Parteitag in Hamburg heute den CDU-Vorsitz ab, Theresa Mays Zukunft entscheidet sich mit der Brexit-Abstimmung am nächsten Dienstag. Die eine will raus aus der EU, die andere die Währungs- und Werteunion um jeden Preis zusammenhalten. Was sie eint: Ihr Amt mit Würde zu führen und Verantwortung fürs eigene Land zu übernehmen. Gegen alle Widerstände, gegen sinkende Beliebtheit. Das kommt möglicherweise durch ihre Erziehung. Der christliche Hintergrund spiegelt sich in der Politik und der Haltung der beiden Regierungschefinnen.
Regierungscredo: Dienst an den Menschen
Als Angela Merkel Anfang November verkündete, nicht erneut für den CDU-Parteivorsitz und das Kanzleramt zu kandidieren, zeugte ihre Abschiedsrede von Grösse. «Ich habe mir immer gewünscht und vorgenommen, meine staatspolitischen und parteipolitischen Ämter in Würde zu tragen und sie eines Tages auch in Würde zu verlassen», sagte die Kanzlerin. Der Begriff der Würde ist im Christentum zentral – auf Menschenwürde als Träger von Personenwürde wie auch auf Ämter bezogen, an deren Träger besonders hohe Erwartungen an das Verhalten gestellt werden. Angela Merkel hat ihre Kanzlerschaft für Deutschland ähnlich verstanden wie ein Pfarrer sein Amt für die Gemeinde: als Dienst an den Menschen.
Als Dienst am Land erfüllt auch Theresa May die Sisyphusaufgabe, die ihr als britischen Regierungschefin seit 2016 zuteil wird: Obwohl sie selbst eher proeuropäisch ist, muss sie den Ausstieg mit der Staatengemeinschaft verhandeln. In den Beliebtheitsumfragen sinkt sie kontinuierlich. Und ihr läuft die Zeit davon – spätestens am 29. März 2019 treten die Briten aus der EU aus, ob mit Deal oder ohne.
Klare Leitlinien des Handelns
Wer das Brexit-Gezänk von aussen beobachtet, fragt sich unweigerlich, warum May nicht längst hingeworfen hat. Genug Grund hätte sie gehabt. Doch im Gegensatz zu den seit Sommer zurückgetretenen Regierungsmitgliedern – neben Ex-Aussenminister Boris Johnson unter anderen zwei Brexit-Minister in Folge sowie der Nordirland-Staatssekretär und die Arbeitsministerin – hat sie nicht nur nur Rückgrat, sondern auch Leitlinien, die ihr Handeln bestimmen. Sie handelt nicht wie Margaret Thatcher als radikale, oft skrupellose Reformerin, sondern ähnlich wie Angela Merkel bei der Flüchtlingskrise aus klaren ethischen Grundüberzeugungen.
Auch die stoische Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und sich nicht in persönliche Kämpfe verwickeln zu lassen, ist etwas, was Theresa May als britische Regierungschefin auszeichnet – und sie mit ihrer deutschen Amtskollegin verbindet. Ihr Vater war ein Geistlicher der anglikanischen Kirche in England. Angela Merkel ist evangelische Pfarrerstochter.
Glaube gibt Kraft
«Durch meinen Glauben habe ich gelernt, dass es richtig sein kann, anders zu denken und anders zu entscheiden, als es andere Menschen tun», schrieb Angela Merkel vor einigen Jahren in einem Artikel. Ihr christlicher Glaube sei der «Rahmen» für ihr «Denken und Vorgehen», sagte Theresa May einst über ihre Religiosität. Beide Politikerinnen hatten ihren Glauben lange für eine Privatsache gehalten, bekennen sich jedoch zunehmend dazu. Über Pegida sagte Angela Merkel in ihrer Silvesteransprache 2014: «Folgen Sie denen nicht, es ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen.»
Vielleicht ist das die Erfolgsformel der beiden Regierungschefinnen. Ausgerechnet in dieser für beide schicksalshaften Woche kürte sie das US-Magazin «Forbes» erneut zu den beiden mächtigsten Frauen der Welt.
- 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
- 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
- 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
- Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
- Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
- 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
- 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
- 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
- Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
- Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
Mit Brexit ist der Austritt des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union gemeint. In einem Referendum über Austritt oder Verbleib ihres Landes in der EU stimmten die Briten im Juni 2016 mit rund 52 Prozent für den Brexit.
Was für Folgen hat der Brexit?
Mit dem Brexit verliert die Europäische Union nicht nur ein Mitglied mit einer starken Volkswirtschaft. Es bedeutet auch den bisher grössten Rückschlag für die Idee eines vereinigten Europas, die von vielen europäischen Politikern vorangetrieben wird.
Viele Fragen zu den Folgen des Brexits sind offen. Für einige EU-Länder ist das Vereinigte Königreich ein wichtiger Absatzmarkt für seine Produkte innerhalb der EU. Vor diesem Hintergrund wird dort vor allem über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits für den Exportsektor diskutiert. Viel gravierender wirkt sich der Brexit auf die Freizügigkeit bei Reisen von und nach Grossbritannien aus. Nicht viel ändern wird sich für Touristen aus den Ländern des Schengenraums, zu denen auch die Schweiz gehört. Ganz anders sieht es für Arbeitnehmer aus, die nicht mehr frei nach Grossbritannien einreisen können, um dort zu arbeiten. Aktuell betrifft dies vor allem viele Bürger aus osteuropäischen EU-Ländern, die in Grossbritannien leben und arbeiten.
Mit Brexit ist der Austritt des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union gemeint. In einem Referendum über Austritt oder Verbleib ihres Landes in der EU stimmten die Briten im Juni 2016 mit rund 52 Prozent für den Brexit.
Was für Folgen hat der Brexit?
Mit dem Brexit verliert die Europäische Union nicht nur ein Mitglied mit einer starken Volkswirtschaft. Es bedeutet auch den bisher grössten Rückschlag für die Idee eines vereinigten Europas, die von vielen europäischen Politikern vorangetrieben wird.
Viele Fragen zu den Folgen des Brexits sind offen. Für einige EU-Länder ist das Vereinigte Königreich ein wichtiger Absatzmarkt für seine Produkte innerhalb der EU. Vor diesem Hintergrund wird dort vor allem über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits für den Exportsektor diskutiert. Viel gravierender wirkt sich der Brexit auf die Freizügigkeit bei Reisen von und nach Grossbritannien aus. Nicht viel ändern wird sich für Touristen aus den Ländern des Schengenraums, zu denen auch die Schweiz gehört. Ganz anders sieht es für Arbeitnehmer aus, die nicht mehr frei nach Grossbritannien einreisen können, um dort zu arbeiten. Aktuell betrifft dies vor allem viele Bürger aus osteuropäischen EU-Ländern, die in Grossbritannien leben und arbeiten.