Der Hollywoodstreifen «99 Homes» aus dem Jahr 2015 hat das Problem eindrücklich aufgearbeitet: wie viele US-amerikanische Hausbesitzer in wirtschaftlich schwierigen Zeiten den Banken und Räumungsinstituten ausgeliefert sind. «Foreclosure», Zwangsvollstreckung, heisst das in den USA gefürchtete Schauerwort, das Millionen von Menschen um ihr Zuhause bringt.
In Zeiten von Corona erhält das Problem von Zwangsräumungen in den Vereinigten Staaten eine ganz neue Dimension. Die Arbeitslosenquote liegt bei über elf Prozent. Jetzt droht auch Abermillionen von insolventen Mietern der Rauswurf aus ihren vier Wänden. Hilfszahlungen für Millionen Arbeitslose sind ausgelaufen, unzähligen Mietern droht die Zwangsräumung.
Amerika steht vor einer neuen Unterkunftskrise, die im Grunde eine Massenobdachlosigkeit ist. Das Problem ist nicht neu. Seit den 80er-Jahren unter Reagan können und wollen sich viele Menschen im Land Mieten gar nicht mehr leisten. Viele leben in billigeren Wohnwagensiedlungen, sogenannten Trailer Parks, die vor allem in den südlichen Bundesstaaten verbreitet sind. Diese Trailer Parks könnten in den nächsten Monaten grossen Zulauf verzeichnen.
«Schlimmste Unterkunftskrise der Geschichte»
In den kommenden Monaten droht in den USA zwischen 30 und 40 Millionen Mietern die Zwangsräumung. Damit könnten bis zu 43 Prozent aller Miethaushalte betroffen sein. In diesen Zahlen nicht eingeschlossen sind die Millionen von einer Zwangsvollstreckung bedrohten Hausbesitzer. Laut Ökonomen renommierter Hochschulen wie dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Princeton drohe die «womöglich schlimmste Unterkunftskrise in der Geschichte».
Die Corona-Pandemie mit dem Konkurs von Geschäften und Massenverlust von Arbeitsplätzen trifft demnach vor allem Angehörige von Minderheiten, darunter Latinos und auch Schwarze. Ein vorübergehendes Verbot von Zwangsräumungen auf Bundesebene für bestimmte Immobilien ist Ende Juli ausgelaufen. Ohne weiteres Konjunkturpaket, das Mieter weiterhin schützen soll, stehen Millionen arbeitslose Amerikaner, die mit ihren Mieten im Verzug sind, vor dem Rauswurf.
Verhandlungen um Billionen-Konjunkturpaket erst gescheitert, dann greift Trump durch
Republikaner und Demokraten konnten sich bislang nicht einigen. Verhandlungen um ein neues Billionen-Konjunkturpaket sind vorerst gescheitert. Der Senat verabschiedete sich Ende Woche planmässig für einen Monat in die Sommerpause. US-Präsident Donald Trump (74) droht dem Kongress nun damit, Teile des Pakets ohne das Parlament durchzusetzen. Trump will Mieter bestimmter Immobilien schützen, worauf die Regierung auf Bundesebene Einfluss hat. Die Demokraten monieren, dass zahlungsunfähigen Mietern mit Geld geholfen werden muss. Eine Räumung, sagen Trumps Opponenten, wäre sonst nur aufgeschoben.
Nach dem Scheitern von Verhandlungen zu einem neuen Konjunkturpaket im US-Kongress hat Trump eigenmächtig Verfügungen unterzeichnet, um mehrere Massnahmen auch ohne eine Zustimmung des Parlaments durchzusetzen. Arbeitslose sollen demnach bis zum Jahresende zusätzlich jeweils 400 Dollar pro Woche erhalten, bestimmte Zwangsräumungen sollen zeitweise verboten werden und eine Sozialversicherungsabgabe soll ausgesetzt werden, wie Trump am Samstag in seinem Golfclub im Bundesstaat New Jersey erklärte. (kes)