10 Fragen zu den italienischen Wahlen vom 4. März
Berlusconi greift nach der Macht

Migration und Terrorismus: Im italienischen Wahlkampf gehen die Wogen hoch. Am 4. März gilts ernst. BLICK beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zu den Parlamentswahlen, bei denen ausgerechnet Silvio Berlusconi wieder eine führende Rolle spielt.
Publiziert: 11.02.2018 um 23:42 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 08:52 Uhr
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Der sozialdemokratische Regierungschef Matteo Renzi (43) war nach der verlorenen Abstimmung vom 4. Dezember 2016 über eine Verfassungsreform zurückgetreten.
Foto: AP
Guido Felder

Warum finden am 4. März 2018 wieder Parlamentswahlen statt?

Ende Dezember 2017 wurde die Auflösung des bisherigen Parlaments beschlossen. Grund: Der sozialdemokratische Regierungschef Matteo Renzi (43) war nach der verlorenen Abstimmung im Dezember 2016 über eine Verfassungsreform zurückgetreten. Nun gibt es vorgezogene Parlamentswahlen. Die letzten Wahlen fanden 2013 statt.

Wie ist das italienische Parlament aufgebaut?

Es besteht aus zwei Kammern. Dem Senat gehören zurzeit 320 Senatoren an, die regional gewählt werden und mindestens 40 Jahre alt sein müssen. Sechs Senatoren werden von Auslands-Italienern gewählt. Einige Senatoren sind auf Lebzeiten gewählt, etwa ehemalige Präsidenten der Republik. Die Abgeordnetenkammer zählt 630 Mitglieder, die in Wahlkreisen gewählt werden und mindestens 25 Jahre alt sein müssen. Zwölf von ihnen sind Vertreter der Auslands-Italiener.

Welche Parteien treten an?

Vier Partei-Koalitionen haben gute Chancen ins Parlament einzuziehen.

  • Mitte-Links-Koalition: Der regierende, sozialdemokratische Partito Democratico tritt mit drei kleineren Bündnissen an. Dies sind Alternativa Popolare, Italia dei Valori und Unione per il Trentino. Führender Kopf ist Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi.
     
  • Fünf-Sterne-Bewegung: Der populistische und EU-kritische Movimento 5 Stelle verzichtet auf eine Koalition mit anderen Parteien und zieht alleine in den Kampf. Parteichef ist der Komiker Beppe Grillo (69).
     
  • Mitte-Rechts-Koalition: In diesem Bündnis sind die konservative und wirtschaftsliberale Forza Italia von Silvio Berlusconi (81), die rechtspopulitische Lega Nord, die nationalkonservativen Fratelli d’Italia sowie einige weitere Parteien vereint.
     
  • Frei und Gleich: Liberi e Uguali ist die Vereinigung dreier linker Parteien.

Wer wird die Wahlen gewinnen?

Laut der jüngsten Umfrage führt Mitte-Rechts (35,9 Prozent) vor Mitte-Links (29,1 Prozent). Es folgen: die Fünf-Sterne-Bewegung (26,2 Prozent) und Frei und Gleich (5 Prozent). Stärkste alleinige Partei ist die Fünf-Sterne-Bewegung. Falls sie gewinnen würde, könnte sie den Austritt Italiens aus der EU einläuten. Das Rennen ist allerdings offen: Bis eine neue Regierung steht, droht Italien – wie jüngst Deutschland – eine monatelange Hängepartie.

Könnte Silvio Berlusconi wieder an die Macht kommen?

«Il Cavaliere», der vier Mal Ministerpräsident war und 2011 im Sog der Schuldenkrise unrühmlich aus dem Amt schied, kann sich nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung keine Hoffnung mehr auf ein öffentliches Amt machen. Aber: Der 81-Jährige führt das Mitte-Rechts-Bündnis an. Falls er gewinnt, könnte er zur Schlüsselfigur bei Koalitionen werden und einen Ministerpräsidenten einsetzen, der nach seiner Pfeife tanzt.

Ist Berlusconi überhaupt noch tragbar?

Berlusconi hat sich geändert. Er ist weicher geworden – setzt sich für Rentner, Mütter und den Tierschutz ein. Als Elder Statesman gilt er gar als zuverlässig und kompetent. Heute verkauft sich der Milliardär, der seiner Ex-Frau nach der Scheidung anfänglich drei Millionen Euro im Monat zahlen musste, als Anwalt des kleinen Mannes.

Was sind die wichtigsten Wahlkampfthemen?

Vorherrschend Migration und Terrorismus. Schon lange bevor die Flüchtlingswelle 2015 Europa erreichte, war Italien mit grosser Einwanderung aus Afrika konfrontiert. In Süditalien leben viele Afrikaner seit Jahren unter schlimmen Umständen, immer wieder kommt es zu Spannungen. Bei vielen Bürgermeistern heisst es: «Wir schaffen es nicht mehr!»

Warum sind Rechtspopulisten auf dem Vormarsch?

Die Italiener fühlen sich – gerade beim Thema Migration – von der EU im Stich gelassen. Die Rechtspopulisten profitieren davon. Was wie zuletzt in brutalen Attacken auf Ausländer endet: Am 3. Februar hat der Fascho-Italo Luca Traini (28) in Macerata aus seinem Auto heraus sechs Afrikaner angeschossen. In rechten Kreisen wird der Schütze als Held gefeiert (siehe Box). Innenminister Marco Minniti verurteilte die Tat. Doch der Ton wird schärfer: Berlusconi bezeichnet die Migranten als «soziale Bombe».

Wie viele Regierungen gab es in Italien schon?

Die Italiener wechseln ihre Regierung fast jedes Jahr aus. Seit der Gründung der Republik vor 72 Jahren gab es schon 64 Regierungen. Allein Silvio Berlusconi bekleidete das Amt vier Mal – und schaffte mit 1060 Tagen die längste Amtszeit ohne Unterbruch.

Kandidieren bei den Ausland-Italienern auch «Schweizer»?

Aus den Listen der Italiener im Ausland ist nicht ersichtlich, aus welchen Ländern die Kandidaten stammen. Auch die italienische Botschaft in Bern verfügt über keine Informationen über Kandidaten, die in der Schweiz wohnen. Klar ist, dass ein Altbekannter nicht mehr antritt: 2006 war der in Emmenbrücke LU wohnhafte Antonio Razzi (69) ins Parlament gewählt worden. Für die kommenden Wahlen hat ihn seine Partei Forza Italia von der Liste gestrichen, ohne dass er davon Kenntnis hatte, wie er auf «corriere.it» sagt. Dabei hatte Razzi für die kommenden Wahlen bereits 20'000 Euro für Spesen ausgegeben und eine Wohnung in Rom gemietet, weil er sich als Kandidat und wiedergewählt wähnte.

Grillo will 25-Stunden-Woche

Grillo macht ernst. Der Starkomiker und Gründer der Fünfsterne-Bewegung Beppe Grillo (69) hat sich für die Einführung einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden in Italien ausgesprochen. Auf seinem Blog schrieb er: «Wir brauchen nicht so viel zu arbeiten!»

Überhaupt müsse der Begriff «Arbeit» neu überdacht werden. Die Hälfte der Jobs, in der Routinearbeit verrichtet werde, könnte durch Roboter oder moderne Technologie ersetzt werden. Grillo ganz konkret: «Die Arbeitsstunden sollten auf mindestens fünf Stunden pro Tag reduziert werden.» Ausserdem solle Heimarbeit, also das Home-Office, gefördert werden. 

Grillo warb auch erneut für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Italien. Der monatliche  Zuschuss ist ein zentraler Punkt seiner Fünfsterne-Bewegung im Wahlkampf. Wie das alles zu finanzieren sei, liess der Komiker allerdings offen.   

Grillo macht ernst. Der Starkomiker und Gründer der Fünfsterne-Bewegung Beppe Grillo (69) hat sich für die Einführung einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden in Italien ausgesprochen. Auf seinem Blog schrieb er: «Wir brauchen nicht so viel zu arbeiten!»

Überhaupt müsse der Begriff «Arbeit» neu überdacht werden. Die Hälfte der Jobs, in der Routinearbeit verrichtet werde, könnte durch Roboter oder moderne Technologie ersetzt werden. Grillo ganz konkret: «Die Arbeitsstunden sollten auf mindestens fünf Stunden pro Tag reduziert werden.» Ausserdem solle Heimarbeit, also das Home-Office, gefördert werden. 

Grillo warb auch erneut für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Italien. Der monatliche  Zuschuss ist ein zentraler Punkt seiner Fünfsterne-Bewegung im Wahlkampf. Wie das alles zu finanzieren sei, liess der Komiker allerdings offen.   

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