Der Betrogene kommt gleich zu Sache. «Ich könnte mir jedes Haar einzeln ausreissen», ärgert sich Rolf W.* (68) über seine Gutgläubigkeit. «Nein, schreiben sie meine Gier», korrigiert er im BLICK-Gespräch.
Der Möbelhändler aus der Ostschweiz ist Ende letzten Jahres auf einen falschen Araber hereingefallen. «Im Herbst erhielt ich einen Anruf eines Al Almir, ob ich eine kleine exklusive Hotelkette mit Möbeln und Kunst einrichten wolle.» Man habe schon mal Geschäfte miteinander gemacht.
Ein vermeintlicher 7-Millionen-Auftrag
Rolf W. fühlt sich gebauchpinselt, kann sich jedoch nicht mehr an den Kunden erinnern. «Ich erbat mir eine Bedenkzeit, denn allein konnte ich diesen Wahnsinnsauftrag, es ging immerhin um sieben Millionen Franken, nicht stemmen.»
Der Möbelhändler kontaktiert einen Geschäftsfreund, der die Produktionskosten des Auftrags vorschiessen will. Rolf W. setzt in tagelanger Arbeit eine Offerte auf – von Perserteppichen bis zu stilvollen Möbeln.
Erstes Treffen in Como
Einen Monat später kommt es zum ersten Treffen in einem Restaurant in Como (I). «Al Almir kam nicht allein. Er hatte seinen Finanzmenschen mitgebracht», erinnert sich das Betrugsopfer. «Plötzlich fragte er mich, ob ich ihm nicht auch mein Gold nach Italien bringen könne. Er wolle damit spezielle Kunden bezahlen.» Rolf W. lehnt ab: «Doch wir vereinbarten, weiter im Gespräch zu bleiben.»
Beim nächsten Telefon, ein paar Wochen später, lassen die Betrüger die Katze aus dem Sack. «Sie liessen mich im Glauben, dass das eigentliche Geschäft in trockenen Tüchern war», so der Ostschweizer. «Schnell kamen sie dann aber auf meine Goldbarren zurück und machten mir ein Angebot. Ich sollte 20 Prozent verdienen.»
Mit drei Goldbarren nach Mailand
Diesem Angebot konnte Rolf W. nicht widerstehen: «Auch mein Schweizer Geschäftspartner ermunterte mich, diesen Deal zu machen.» So reiste der Möbelhändler mit drei Kilo-Goldbarren (Verkehrswert: 150 000 Franken) und seinem Kollegen nach Mailand (I).
«Die Gangster hatten einen kleinen, schmierigen Raum in einem Fünfsternehotel gemietet.» Doch: Dieses Mal liess sich Al Almir nicht blicken. «Sein Finanzmensch nahm meine Barren an sich und betätigte eine kleine Geldzählmaschine, um meine 180 000 Euro, die ich bekommen sollte, zu zählen. Die 500-Euro-Scheine versah er blitzschnell mit einer Banderole. Danach übergab er mir das Geld in einem schwarzen Lederetui.»
Gangster macht sich aus dem Staub
Nach dem Coup macht sich der Gauner aus dem Staub. «Er sagte, dass er noch was besorgen wolle. Danach würden wir uns wie abgemacht in einem Restaurant zum Mittagessen treffen», so Rolf W. Doch der Möbelhändler und sein Kollege warten vergeblich.
Das Geldetui öffnet der Geschäftsmann erst wieder zu Hause. «Ich wollte es nicht wahrhaben, dass ich auf diese Weise hereingefallen war», ärgert er sich. Ihm fällt auf, dass alle Noten dieselben Prüfziffern haben – alles Blüten!
Blüten aus Frust verbrannt
Strafanzeige machte der Möbelhändler nicht. Er befürchtete, Scherereien zu bekommen, weil er das Gold bei der Einfuhr nach Italien nicht deklariert hatte. Rolf W. zerknirscht: «Mit meinem Erlebnis möchte ich potenzielle Opfer warnen, sich nicht so gierig zu verhalten wie ich.»
Die Blüten hat er verbrannt. Symbolisch.
*Name geändert
Mit der Betrugsform des sogenannten Rip-Deals verlieren Gutgläubige immer wieder Millionen. Kriminelle (oftmals Roma-Gauner) geben sich als reiche Geschäftsleute aus und interessieren sich für den Kauf von Immobilien, Autos oder Kunstgegenständen. Oder sie locken, wie im vorliegenden Fall, mit Millionen-Aufträgen.
Plötzlich bieten sie ihren Geschäftspartnern lukrative Geldwechselgeschäfte an. Dabei winken sie mit einer 20-Prozent-Rendite. Meist werden diese faulen Geschäfte in Norditalien abgewickelt. Nach dem Tausch von Schweizer Franken oder Gold bleiben den Betrogenen nur wertlose Euro-Blüten.
Werner Schaub, Sprecher der Zürcher Kantonspolizei, warnt: «Keinesfalls mit Vermögenswerten an ein Treffen gehen.» Denn: «Betroffene riskieren nicht nur, betrogen zu werden. Wenn nötig greifen die Kriminellen auch zu härteren Mitteln, um an die Vermögenswerte zu gelangen. Das Risiko besteht sogar, zum Opfer eines Raubüberfalls zu werden.» Viktor Dammann
Mit der Betrugsform des sogenannten Rip-Deals verlieren Gutgläubige immer wieder Millionen. Kriminelle (oftmals Roma-Gauner) geben sich als reiche Geschäftsleute aus und interessieren sich für den Kauf von Immobilien, Autos oder Kunstgegenständen. Oder sie locken, wie im vorliegenden Fall, mit Millionen-Aufträgen.
Plötzlich bieten sie ihren Geschäftspartnern lukrative Geldwechselgeschäfte an. Dabei winken sie mit einer 20-Prozent-Rendite. Meist werden diese faulen Geschäfte in Norditalien abgewickelt. Nach dem Tausch von Schweizer Franken oder Gold bleiben den Betrogenen nur wertlose Euro-Blüten.
Werner Schaub, Sprecher der Zürcher Kantonspolizei, warnt: «Keinesfalls mit Vermögenswerten an ein Treffen gehen.» Denn: «Betroffene riskieren nicht nur, betrogen zu werden. Wenn nötig greifen die Kriminellen auch zu härteren Mitteln, um an die Vermögenswerte zu gelangen. Das Risiko besteht sogar, zum Opfer eines Raubüberfalls zu werden.» Viktor Dammann