Atomkrieg – das Unvorstellbare ist plötzlich eine echte Bedrohung
Welt in Angst!

Atomkrieg – das Wort hatte man beinahe vergessen. Es gehörte zum Kalten Krieg, zum Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion. Doch jetzt kehrt die Vision des Schreckens zurück.
Publiziert: 11.08.2017 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:03 Uhr

Dass der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un (33) mit seinem Atomprogramm den Westen provoziert, daran hatte man sich gewöhnt. Doch nun hat Kim einen gefunden, der auf seine Dreistigkeiten mit gleicher Münze reagiert: US-Präsident Donald Trump (71).

Die beiden schaukeln sich gegenseitig hoch. Gestern erreichten die Drohungen einen Höhepunkt. Trump drohte Kim mit der Vernichtung: Militärische Lösungen seien vorbereitet, die Waffen geladen und entsichert, sagte er. Die Welt fragt sich: Ist das nur Rhetorik oder droht ein Krieg?

Geladen und entsichert

«Militärische Lösungen stehen nun voll zur Verfügung», liess Donald Trump gestern den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un und die ganze Welt wissen: «Geladen und entsichert – sollte Nordkorea sich unweise verhalten. Hoffentlich findet Kim Jong Un einen anderen Pfad.»

Geladen und entsichert. Zutreffend für die ganze Lage in Ostasien. Und für die Persönlichkeit Trumps, der den Eindruck hat, seine Drohung von Mittwoch, Nordkorea mit «Wut und Feuer» zu überziehen, sei noch nicht deutlich genug gewesen.

Mit seinen markigen Sätzen verbaut sich Trump den Ausweg in eine diplomatische Deeskalation immer wieder aufs Neue. Als habe er den militärischen Ausgang der Krise innerlich längst beschlossen.

Gleichzeitig bleibt der Präsident in seinen Golf-Ferien im eigenen Club in New Jersey. Sollen die Bilder des entspannten Hobbygolfers vermitteln, dass er nicht wirklich daran denke, seinen Tiraden auch feurige Taten folgen zu lassen?

«Die Kunst des Krieges»

«Begegne der Unordnung mit Ordnung und dem Ungestüm mit Ruhe», schrieb der chinesische General Sun Tzu schon vor 2500 Jahren über «Die Kunst des Krieges». Angesichts des irrlichternden Oberkommandierenden im Weissen Haus hätte den legendären Meisterstrategen wohl das nackte Grausen gepackt. Denn wenn die Trump-Regierung eine Strategie verfolgt, dann wohl nur das Dauer­chaos: widersprüchliche Aussagen und damit Unberechenbarkeit pur.

Sie schaukeln sich gegenseitig mit Drohungen hoch: US-Präsident Donald Trump (l.) und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.
Foto: Igor Kravarik

US-Verteidigungsminister Jim Mattis etwa, Anfang Woche noch als kühler Kopf gelobt, imitierte zunächst den Ton des Präsidenten und schwadronierte von der «Vernichtung der nordkoreanischen Bevölkerung» – nur um dann plötzlich wieder «einsetzende Erfolge der Diplomatie» zu versprechen, die er aber dann nicht nannte.

US-Aussenminister Rex Tillerson indessen versuchte sich im Interpretieren von Trumps «bildhafter» Sprache, mit der dieser Kim bloss zum Verzicht auf Atomwaffen bewegen wolle. Kims angedrohter Angriff auf den US-Inselstützpunkt Guam? Reines Säbelrasseln, findet der in der Diplomatie unerfahrene Ölmanager Tillerson. «Die Amerikaner können weiter seelenruhig schlafen.» 

Verliert das Weisse Haus die Kontrolle?

Aber in Washington wächst die Angst, das Weisse Haus könne die Kontrolle über den verbalen Schlagabtausch verlieren. Er habe jeden Versuch aufgegeben, in den Worten des Präsidenten Logik zu finden, sagte der republikanische Senator John McCain: «Ich verstehe schlicht nicht, was er sagt.»

Was Kriegsheld McCain gewiss versteht, ist Sun Tzu. Der schrieb auch: «Führerschaft ist eine Sache der Intelligenz, der Glaubwürdigkeit, der Menschlichkeit, des Mutes und der Strenge. Wer diese Dinge beherrscht, wird triumphieren; jene aber, die sie nicht beherrschen, werden scheitern.»

Mit Raketen gegen die Isolation

Kim Il Sung, Kim Jong Il, Kim Jong Un - drei Generationen nordkoreanischer Machthaber, die das Rüstungsprogramm des Landes stetig ausgebaut haben. Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump hat sich der Konflikt um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm deutlich verschärft. In den vergangenen Tagen haben beide Seiten verbal weiter aufgerüstet.

1970er Jahre - Reichweite von rund 300 Kilometer

Nordkorea nutzt eine Variante der sowjetischen Scud-B-Rakete mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern.
1980er Jahre - Reichweite von mehreren tausend Kilometern

Nach einem ersten Raketentest 1984 wird das Programm ausgeweitet. Schliesslich verfügt Nordkorea über Taepodong-2-Raketen mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern.

1999 bis 2005 - Moratorium

Im September 1999 erklärt Nordkorea vor dem Hintergrund besserer Beziehungen zu den USA eine Aussetzung der Tests von Langstrecken. Gespräche zwischen Washington und Pjöngjang scheitern an der nordkoreanischen Forderung von jährlich einer Milliarde Dollar als Ausgleich für einen Verzicht auf den Raketenexport. Im März 2005 beendet Nordkorea das Moratorium.

2006 - Erster Atomwaffentest

Im Juli 2006 feuert Nordkorea sieben Raketen ab, darunter eine Taepodong-2-Rakete, die nach 40 Sekunden explodiert. Am 9. Oktober 2006 unternimmt Pjöngjang unterirdisch den ersten Atombombentest.

2009 und 2012 - Raketenstarts mit Satelliten

Am 5. April 2009 startet Nordkorea eine Rakete, die Japan überquert und im Pazifik landet. Nach Darstellung Pjöngjangs ging es um den Versuch, einen Satelliten im All auszusetzen. Die USA, Südkorea und Japan sprechen hingegen von einem verdeckten Taepodong-2-Test. Am 12. Dezember 2012 setzt eine nordkoreanische Rakete einen Satelliten im All aus.

2016 - Raketenstart von einem U-Boot

Am 6. Januar 2016 nimmt Pjöngjang seinen vierten unterirdischen Atomwaffentest vor. Pjöngjang spricht von einer Wasserstoffbombe, Experten bezweifeln dies. Zudem feuert Nordkorea im Frühling und im Sommer U-Boot-gestützte Raketen ab. Am 8. Juli kündigen Washington und Seoul an, das Raketenabwehrsystem THAAD gemeinsam in Südkorea aufzubauen. Am 9. September 2016 unternimmt Nordkorea seinen fünften Atomwaffentest.

2017 - Konfrontation mit US-Präsident Donald Trump

  • Am 6. März 2017 feuert Nordkorea bei einer Militärübung für Angriffe auf US-Stützpunkte in Japan Raketen ab, die im Meer landen. Einen Tag später beginnen die USA mit dem Aufbau des Raketenabwehrsystems in Südkorea. Im April und Mai folgen weitere nordkoreanische Raketentests. Seit dem 2. Mai ist THAAD einsatzbereit.
     
  • Am 4. Juli, dem US-Unabhängigkeitstag, testet Nordkorea eine weitere Rakete. Pjöngjang spricht vom ersten erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-14. Experten gehen davon aus, dass sie eine potenzielle Reichweite von 6700 Kilometern hat und damit theoretisch US-Gebiet erreichen könnte.
     
  • Am 28. Juli feuert Nordkorea nach einem Sanktionsbeschluss des US-Senats zum zweiten Mal eine Interkontinentalrakete ab. Kim Jong Un brüstet sich, diese könne das «gesamte US-Festland» erreichen.
     
  • Wenige Tage später erklärt die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, die Zeit für Gespräche sei beendet. Am 2. August feuern die USA ihrerseits eine Interkontinentalrakete des Typs Minuteman III ab, die nach rund 6700 Kilometern in den Südpazifik stürzt.
     
  • Am 8. August droht Trump, die USA würden «mit Feuer und Wut» auf weitere Provokationen reagieren. Er kündigte eine Reaktion an, «wie sie die Welt noch nicht gesehen hat». Nordkorea droht daraufhin mit einem Angriff nahe der US-Pazifikinsel Guam.
     
  • US-Verteidigungsminister James Mattis warnt Nordkorea vor «Aktivitäten, die zum Ende des Regimes und zur Vernichtung seines Volkes führen würden».
     
  • Trump lässt am Donnerstag wissen, Nordkorea solle «sehr, sehr nervös» sein und «sich lieber zusammenreissen, sonst werde das Land Ärger kriegen wie nur wenige Staaten zuvor».

Kim Il Sung, Kim Jong Il, Kim Jong Un - drei Generationen nordkoreanischer Machthaber, die das Rüstungsprogramm des Landes stetig ausgebaut haben. Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump hat sich der Konflikt um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm deutlich verschärft. In den vergangenen Tagen haben beide Seiten verbal weiter aufgerüstet.

1970er Jahre - Reichweite von rund 300 Kilometer

Nordkorea nutzt eine Variante der sowjetischen Scud-B-Rakete mit einer Reichweite von rund 300 Kilometern.
1980er Jahre - Reichweite von mehreren tausend Kilometern

Nach einem ersten Raketentest 1984 wird das Programm ausgeweitet. Schliesslich verfügt Nordkorea über Taepodong-2-Raketen mit einer Reichweite von mehreren tausend Kilometern.

1999 bis 2005 - Moratorium

Im September 1999 erklärt Nordkorea vor dem Hintergrund besserer Beziehungen zu den USA eine Aussetzung der Tests von Langstrecken. Gespräche zwischen Washington und Pjöngjang scheitern an der nordkoreanischen Forderung von jährlich einer Milliarde Dollar als Ausgleich für einen Verzicht auf den Raketenexport. Im März 2005 beendet Nordkorea das Moratorium.

2006 - Erster Atomwaffentest

Im Juli 2006 feuert Nordkorea sieben Raketen ab, darunter eine Taepodong-2-Rakete, die nach 40 Sekunden explodiert. Am 9. Oktober 2006 unternimmt Pjöngjang unterirdisch den ersten Atombombentest.

2009 und 2012 - Raketenstarts mit Satelliten

Am 5. April 2009 startet Nordkorea eine Rakete, die Japan überquert und im Pazifik landet. Nach Darstellung Pjöngjangs ging es um den Versuch, einen Satelliten im All auszusetzen. Die USA, Südkorea und Japan sprechen hingegen von einem verdeckten Taepodong-2-Test. Am 12. Dezember 2012 setzt eine nordkoreanische Rakete einen Satelliten im All aus.

2016 - Raketenstart von einem U-Boot

Am 6. Januar 2016 nimmt Pjöngjang seinen vierten unterirdischen Atomwaffentest vor. Pjöngjang spricht von einer Wasserstoffbombe, Experten bezweifeln dies. Zudem feuert Nordkorea im Frühling und im Sommer U-Boot-gestützte Raketen ab. Am 8. Juli kündigen Washington und Seoul an, das Raketenabwehrsystem THAAD gemeinsam in Südkorea aufzubauen. Am 9. September 2016 unternimmt Nordkorea seinen fünften Atomwaffentest.

2017 - Konfrontation mit US-Präsident Donald Trump

  • Am 6. März 2017 feuert Nordkorea bei einer Militärübung für Angriffe auf US-Stützpunkte in Japan Raketen ab, die im Meer landen. Einen Tag später beginnen die USA mit dem Aufbau des Raketenabwehrsystems in Südkorea. Im April und Mai folgen weitere nordkoreanische Raketentests. Seit dem 2. Mai ist THAAD einsatzbereit.
     
  • Am 4. Juli, dem US-Unabhängigkeitstag, testet Nordkorea eine weitere Rakete. Pjöngjang spricht vom ersten erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-14. Experten gehen davon aus, dass sie eine potenzielle Reichweite von 6700 Kilometern hat und damit theoretisch US-Gebiet erreichen könnte.
     
  • Am 28. Juli feuert Nordkorea nach einem Sanktionsbeschluss des US-Senats zum zweiten Mal eine Interkontinentalrakete ab. Kim Jong Un brüstet sich, diese könne das «gesamte US-Festland» erreichen.
     
  • Wenige Tage später erklärt die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, die Zeit für Gespräche sei beendet. Am 2. August feuern die USA ihrerseits eine Interkontinentalrakete des Typs Minuteman III ab, die nach rund 6700 Kilometern in den Südpazifik stürzt.
     
  • Am 8. August droht Trump, die USA würden «mit Feuer und Wut» auf weitere Provokationen reagieren. Er kündigte eine Reaktion an, «wie sie die Welt noch nicht gesehen hat». Nordkorea droht daraufhin mit einem Angriff nahe der US-Pazifikinsel Guam.
     
  • US-Verteidigungsminister James Mattis warnt Nordkorea vor «Aktivitäten, die zum Ende des Regimes und zur Vernichtung seines Volkes führen würden».
     
  • Trump lässt am Donnerstag wissen, Nordkorea solle «sehr, sehr nervös» sein und «sich lieber zusammenreissen, sonst werde das Land Ärger kriegen wie nur wenige Staaten zuvor».
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