Asyl
Bericht zeigt Mängel im Umgang mit Flüchtlingsfrauen

Die Schlafräume in Bundesasylzentren sollen künftig von innen abschliessbar sein. Das ist eine der Massnahmen, mit welchen der Bund den Bedürfnissen von Flüchtlingsfrauen stärker Rechnung tragen will. Mangelhaft sind auch die Angebote für Opfer von Gewalt.
Publiziert: 16.10.2019 um 13:01 Uhr
In vielen Bundesasylzentren sind die Schlafräume nicht von innen abschliessbar. Das will der Bund ändern. Auch andere Massnahmen sind geplant, um die Situation von Flüchtlingsfrauen zu verbessern. (Themenbild)
Foto: ALEXANDRA WEY

Flüchtlingsfrauen werden in ihrem Heimatland oder auf der Flucht nach Europa oft Opfer von sexueller Gewalt und Ausbeutung. Der Nationalrat beauftragte den Bundesrat, die Betreuung und den Schutz dieser Frauen in der Schweiz zu analysieren und mögliche Verbesserungen aufzuzeigen. Er nahm ein entsprechendes Postulat von SP-Nationalrätin Yvonne Feri (AG) an.

In seinem am Mittwoch verabschiedeten Bericht zeigt der Bundesrat nun bereits ergriffene und geplante Massnahmen auf. Feri hatte insbesondere wissen wollen, ob nicht auch Frauen, die ausserhalb der Schweiz Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, Anspruch auf Leistungen der Opferhilfe haben sollten. Das ist heute nicht der Fall.

Der Bundesrat will dies nicht ändern: Aus seiner Sicht stellt eine Änderung des Opferhilfegesetzes keine geeignete Lösung dar. Wichtig sei der Zugang zu medizinischer und psychologischer Hilfe, heisst es im Bericht. Dafür bestehe unabhängig vom Opferhilfegesetz eine ausreichende Rechtsgrundlage.

Allerdings stelle sich die Frage, ob es genügend Angebote gebe, welche den spezifischen Bedürfnissen von traumatisierten Flüchtlingsfrauen und -mädchen entsprächen, räumt er ein. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) hatte dies untersucht - und war zum Schluss gekommen, dass das vorhandene Angebot nicht ausreicht. Die völkerrechtlichen Vorgaben seien in dieser Hinsicht nicht erfüllt, stellte es fest.

Ein Problem ist auch, dass die betroffenen Frauen und Mädchen oft nur schlecht in einer Landessprache kommunizieren können. Damit eine Therapie ihren Zweck erfüllt, muss sie durch interkulturelles Dolmetschen begleitet sein.

Die zuständigen Gremien sollen nun nach «pragmatischen Lösungen» suchen - im Interesse der Betroffenen und der Schweiz: Nur Frauen, die ihr Trauma einigermassen verarbeitet oder überwunden hätten, könnten sich in der Schweiz integrieren und ein selbstbestimmtes Leben in finanzieller Unabhängigkeit führen, heisst es im Bericht.

Konkreter sind die geplanten Massnahmen zur Verbesserung der Unterbringung von Frauen und Mädchen. Grundsätzlich seien die Bundesasylzentren auf einem guten Weg, heisst es im Bericht. So gebe es etwa in keinem Zentrum gemischtgeschlechtliche Schlafräume für alleinreisende Frauen und alleinreisende Männer.

Allerdings bestehe in einigen Bereichen baulicher Verbesserungsbedarf. Heute erfüllt nur das Bundesasylzentrum Bern die Vorgabe vollumfänglich, dass Schlafräume abschliessbar sein sollten. Vorgeschrieben ist dies bloss «im Rahmen der baulichen Möglichkeiten". Das SEM zieht nun in Betracht, diesen Zusatz zu streichen. Das Anbringen von Drehknöpfen von innen erscheine nicht allzu aufwändig, hält der Bericht fest.

Verbesserungen sind beispielsweise auch bei der Schulung von Mitarbeitenden geplant. Dazu gehört die Sensibilisierung bezüglich frauenspezifischer Bedürfnisse und des Umgangs mit Opfern sexueller Gewalt oder Ausbeutung. Die meisten Massnahmen könnten im Rahmen der bestehenden finanziellen Mittel umgesetzt werden, schreibt der Bundesrat.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) fordert, dass die erkannten Lücken umgehend geschlossen werden. Der Bericht zeige, dass in den meisten Asylregionen ein Gewaltpräventionskonzept fehle, schreibt sie in einer Mitteilung. Zur Prävention von Gewalt und zur Erkennung von Gewaltopfern müssten sich alle Akteure koordinieren. Wichtig sei zudem, dass weibliches Sicherheitspersonal rund um die Uhr anwesend sei.

Für Terre des Femmes zeigt der Bericht, dass geflüchtete Frauen in der Schweiz nicht sicher sind. Die geplanten Massnahmen gehen der Organisation nicht weit genug. Es brauche umfassendere und verbindlichere Massnahmen schreibt sie in einer Mitteilung.

So müssten alle geflüchteten Frauen und Mädchen, die auf der Flucht oder im Herkunftsland Gewalt erlebt hätten, spezialisierte Unterstützung erhalten - nicht nur diejenigen, die in der Schweiz bleiben dürften.

(SDA)

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