Das ging aus der Auszählung der ersten Stimmzettel hervor, wie die Wahlleitung in der Hauptstadt Eriwan in der Nacht zum Montag mitteilte. Demnach führte der 46-jährige Paschinjan nach Auswertung der Stimmen in über zwei Dritteln der Wahllokale mit seiner Partei Bürgervertrag deutlich mit knapp 57 Prozent. Der 66-jährige Kotscharjan mit seinem Block Armenien lag hingegen nach Angaben der Wahlkommission in Eriwan bei knapp 19 Prozent.
Paschinjan feierte am frühen Morgen vor seinen Anhängern eine «überzeugende Mehrheit». Nach den «heftigen Prüfungen» der jüngsten Vergangenheit sei nunmehr die Zeit der «gesellschaftlichen und nationalen Einheit» gekommen.
Robert Kotscharjan rechnet mit Wahlfälschungen
Aus Kotscharjans Wahlmannschaft verlautete dagegen, dass die Zwischenergebnisse «wenig glaubwürdig» seien. Vieles deute auf Wahlfälschungen hin, hiess es.
Ein Erfolg von Paschinjan gilt aus Moskauer Sicht als Garant dafür, dass das unter Russlands Vermittlung mit Aserbaidschan geschlossene Waffenstillstandsabkommen um die Konfliktregion Berg-Karabach hält. Die Opposition hatte am Sonntag zahlreiche Wahlverstösse beklagt. Der Wahltag selbst verlief friedlich.
Das Waffenstillstandsabkommen war nach einem 44-tägigen Krieg am 9. November in Kraft getreten. Es legt auch die Stationierung von 2000 russischen Friedenssoldaten fest. Bei den Kämpfen waren auf beiden Seiten mehr als 6500 Menschen getötet worden. Armenien hatte dabei auch die Kontrolle über weite Teile von Berg-Karabach verloren. Aserbaidschan hingegen feierte sich nach der Rückeroberung der Gebiete als Sieger.
So viele Parteien wie nie zuvor
Paschinjan hatte die vorgezogene Parlamentswahl unter dem Druck von langen Oppositionsprotesten angesetzt. Mehrere Parteien machten den Regierungschef für die Niederlage, die Gebietsverluste und die vielen Toten verantwortlich. Der frühere Journalist hatte einen Rücktritt stets abgelehnt und erklärt, er wolle das Land selbst aus der Krise führen.
Bei der Abstimmung waren 21 Parteien und 4 Blöcke angetreten - so viele wie nie zuvor. Die meisten verfehlten nach Auszählung der ersten Stimmen die nötige 5-Prozent-Hürde für Parteien und die 7-Prozent-Hürde für Blöcke zum Einzug ins Parlament deutlich.
Die Wahl wird von Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet. Sie hatten die Abstimmungen zuletzt als weitgehend fair und frei bewertet. Die Beobachter wollen an diesem Montag ihr Urteil abgeben. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50 Prozent. (SDA)