Er ist zurück in Frankreich: Der mutmassliche Attentäter von Paris, Salah Abdeslam, wurde gestern Abend den französischen Behörden ausgeliefert, bestätigt die Bundesanwaltschaft. Der junge Mann soll noch der letzte überlebende Terrorist sein, der bei den Anschlägen im November beteiligt war. Bei den Attacken auf Brüssel soll er jedoch nicht mitgeplant haben, schreibt «De Redactie». In Belgien wird ihm ausserdem wegen einer mutmasslichen Beteiligung an einer Schießerei mit Polizisten versuchter Mord vorgeworfen (BLICK berichtete).
Abdeslam ist laut Anwalt ein «Arschloch»
Derweil ist sein belgischer Anwalt Sven Mary nicht ganz unglücklich, den jungen Mann loszuwerden: Abdeslam sei ein «Arschloch». Es habe ja jeder das Recht auf Verteidigung und er sei ein Anwalt, der sich nicht um seine Popularität kümmere – aber in diesem Fall dachte er daran aufzuhören. «Es war nicht einfach, seine Verteidigung zu übernehmen», sagt Mary zu «La Libération». Die Polizei habe seine kleinen Töchter (5 und 6) mehrere Male zur Schule begleiten müssen.
Mary hat sich auf schwierige Fälle spezialisiert: Er vertrat bereits mehrere Mitglieder der Mafia, radikale Islamisten und Mörder. «Ich bin hier, um zu verteidigen, um die Regeln durchzusetzen», sagt der Anwalt. «Es ist jedoch nicht das Pariser Gericht, dass über diese Art Männer richten sollte, sondern ein internationales Strafgericht – Diese Menschen haben Kriegshandlungen begangen.»
«Intelligenz eines leeren Aschenbechers»
Sven Mary zeigt seine Verachtung für Abdeslam offen: «Er ist kein Führer, sondern ein Mitläufer. Seine Intelligenz ist in etwa so gross wie die eines leeren Aschenbechers: Eine abgrundtiefe Leere.» Sein Klient habe das Gefühl er lebe in einem Videospiel. Der Anwalt habe Abdeslam einmal gefragt, ob er den Koran gelesen habe. Die Antwort: Er habe eine Interpretation im Internet reingezogen.
Etwa acht Mal habe er sich mit dem Angeklagten getroffen. «Offensichtlich hat er mir nicht vertraut.» Er habe sich wie eine «Auster» verschlossen, als Details von Abdeslams Aussagen in den Verhören an die Öffentlichkeit kam, wie beispielsweise dass die Terroristen einen Anschlag auf die EM planten. Die Radikalisierung sei vor allem durch die Propaganda im Internet geschehen. Die Unterlagen Abdeslams seien mittlerweile 85'000 Seiten dick – alles handschriftliche Notizen, aus Angst vor einem Datenleck.
Mit dem Helikopter wurde er ausgeflogen
Abdeslam wurde am 18.März in seiner Heimatstadt Brüssel festgenommen. Er wurde erst vor ein paar Wochen aus dem Gefängnis von Brügge in eine Hochsicherheitszelle in Beveren bei Antwerpen verschoben. Abdeslam sei mit dem Helikopter ausgeflogen worden. Laut seinem Anwalt verlief die Auslieferung ruhig.
Der 26-Jährige wurde nach seiner Ankunft in Frankreich um 9.05 Uhr über die Haftgründe informiert und soll noch im Laufe des Tages einem Richter vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft werde dabei beantragen, ihn in Untersuchungshaft zu nehmen.
Während seiner Vernehmung hat Abdeslam gestanden Autos und Hotels für die Terrororganisation gebucht zu haben. Dies sei aber im Auftrag seines Bruders Brahim Abdeslam geschehen, der sich in einem Pariser Restaurant in die Luft sprengte. (SDA/kra)