«Wir rechnen mit dem Schlimmsten»
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Atzmännig wartet auf Schnee:«Wir rechnen mit dem Schlimmsten»

Am Atzmännig warten 26 Festangestellte und 115 freie Mitarbeiter noch immer auf den ersten Betriebstag der Saison
«Wir verlieren pro Tag bis zu 10'000 Franken!»

Weil der Schnee fehlt, leiden besonders die tiefergelegenen Skigebiete unter einem katastrophalen Winter. So auch im Kanton St. Gallen – am Atzmännig warten 26 Festangestellte und 115 freie Mitarbeiter noch immer auf den ersten Skitag der Saison.
Publiziert: 15.02.2020 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 15.02.2020 um 09:41 Uhr
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Leidet unter dem Stillstand: Roger Meier (46), Geschäftsführer der Bergbahnen Atzmännig, wartet noch immer auf den Auftakt der Skisaison.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Der Winter in der Schweiz gleicht in diesem Jahr mit seinen milden Temperaturen eher einem Frühling. Die Konsequenz: Landauf, landab hat der Wintertourismus mit extremem Schneemangel zu kämpfen.

«Der bisherige Winter ist in den Bergen der zweitmildeste seit Messbeginn 1864», sagt Stephan Bader, Klimatologe bei Meteo Schweiz. Gerade im Januar habe Hochdruckwetter für knochentrockene Verhältnisse gesorgt: «Die Schneefallgrenze lag wegen der Wärme oft über 1500 Metern.»

In dieser Saison waren die Pisten noch keinen Tag geöffnet

Skidestinationen und Lifte unterhalb dieser magischen Grenze trifft es besonders hart: Viele stehen komplett still. So wartet das Skigebiet Atzmännig (ein Sessellift, vier Skilifte) oberhalb von Goldingen SG noch immer auf den ersten Betriebstag der Saison.

Am Hang liegt zwar kümmerlich Schnee. Um eine Piste zu präparieren, bräuchte es aber satte 30 Zentimeter. «Momentan schlafe ich nicht so gut», gesteht Roger Meier (46), Geschäftsführer der Atzmännig-Bergbahnen.

Enorme Verluste

Er rechnet das Minusgeschäft vor: «Mit dem Personalaufwand von 26 Festangestellten verlieren wir pro Tag ohne Betrieb zwischen 8000 und 10'000 Franken.» Noch im erfolgreichen Vorjahr hätten Januar und Februar 1,25 Millionen Franken in die Kassen gespült.

Geld, das heuer fehlt. «Es zeigt eindrücklich, wie unberechenbar das Wintergeschäft geworden ist», sagt Meier. Und eine künstliche Beschneiung liegt am Atzmännig nicht drin.

Die Auswirkungen des Stillstandes sind enorm: 115 freie Mitarbeiter, die an den Liften und in den Beizen im Stundenlohn zum Einsatz kommen sollten, warten noch immer auf ihren ersten Arbeitstag. Auch die Skischule im Ort bleibt vorerst geschlossen.

Wer einmal woanders war, kommt selten zurück

«Wir haben Rückstellungen gebildet, um einen Winter zu überstehen», betont Skischulleiter Peter Blöchlinger (50). Trotz der schwierigen Situation hofft er auf einen baldigen Saisonstart. Und trotzdem: «Es tut schon sehr weh, Eltern abzusagen, die ihre Kinder bei uns in die Skischule schicken möchten. Wenn Gäste ausweichen müssen und an einem anderen Ort zufrieden sind, kommen sie in der Regel nicht mehr zurück», weiss Blöchlinger.

Und dass der Winterbetrieb noch aufgenommen werden kann, ist mehr als fraglich. Klimatologe Bader: «Nach den aktuellen Berechnungen von Meteo Schweiz wird die überdurchschnittliche Wärme im Mittel der Periode Februar bis April 2020 in der ganzen Schweiz anhalten.»

Sommer muss es retten

Weil der auf 840 bis 1200 Höhenmetern gelegene Atzmännig nicht schneesicher ist, muss das Geld zum Überleben in den warmen Monaten verdient werden. «So despektierlich es klingen mag, aber es wird darum gehen, den Sommer noch besser abzuschöpfen», sagt Bergbahn-Chef Roger Meier.

In den Planungen für einen neuen Vierersessel stehen die Bedürfnisse von Wander- und Eventgästen sowie Benutzern der 1977 eröffneten, ersten Sommerrodelbahn der Schweiz nun an erster Stelle.

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